Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA

Wien - Mit einem Anstieg von "nur" 9,3 Prozent bei den Firmenpleiten hat Österreich im europäischen Vergleich gut abgeschnitten: In Westeuropa nahm die Zahl der Unternehmensinsolvenzen um 19 Prozent zu, den größten Zuwachs in der Region gab es in Spanien mit plus 97,2 Prozent. Besser als in Österreich war die Entwicklung nur Frankreich mit plus 7,1 Prozent und Griechenland mit plus 0,3 Prozent. Dramatisch entwickelten sich die Insolvenzen in Osteuropa mit plus 44,4 Prozent.

Österreich unter den Erwartungen

Die heimischen Pleiten seien 2009 nicht nur unter dem Schnitt, sondern auch unter den Erwartungen gelegen. Die Mehrzahl der insolventen Betriebe in Österreich habe schon vor dem Lehman-Crash am 15. September 2009 mit Ertragsproblemen gekämpft. Das laufende Jahr liegt bereits "spürbar" unter den Zahlen von 2009, für das Gesamtjahr werde ein Rückgang der Pleiten von "jedenfalls 5 Prozent" erwartet, so der Insolvenz-Experte vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV) Hans-Georg Kantner. Warum Österreich mit seinen Zahlen verhältnismäßig gut dastehe erklärt Kantner so: Österreicher sind Nettosparer - Österreicher haben Geld, und haben es im Jahr 2009 auch ausgegeben: für Wärmedämmung, Hausrenovierung, für schon lang geplante Anschaffungen und auch für das eine oder andere neue Auto.

Vor allem die Bauindustrie profitierte, so Kantner im Gespräch mit derStandard.at: "2009 haben viele Private in die Schatulle gegriffen, ausgebaut und renoviert. Sie haben auch den Rückgang im industriellen Bereich aufgefangen". Heuer werde es vor allem im konsumnahen Bereich interessant. "Detail-, Lebensmittel- oder auch Textilhandel waren im Vorjahr kaum betroffen, hier darf man gespannt sein, wie sich das 2010 entwickeln wird."

Nach "teilweise exorbitanten Zuwächsen" der Pleiten in Osteuropa (Litauen +88,1 Prozent, Estland +149,4 Prozent und Lettland +158,3 Prozent) soll laut Kantner "das Wachstum in dieser Region wieder weitergehen". Slowenien ist mit einer Insolvenzentwicklung -34,1 Prozent Vorreiter. Das schwere Jahr 2009 sei in Zentral- und Osteuropa eine "erste wirkliche Bewährungsprobe" gewesen, die Unternehmen hätten nach den "Jahren des Turbowachstums" gewisse Korrekturen benötigt.

Kanada trotz der Krise

In Nordamerika trotzte Kanada (-12,1 Prozent) der Wirtschaftskrise, während die USA einen deutlichen Anstieg (+39,7 Prozent) der Pleiten erlitt. Die japanischen Unternehmen (+4,9 Prozent) überstanden das Jahr 2009 auch ohne starke Insolvenzzuwächse.

Das derzeit "billige Geld" helfe verschuldeten Unternehmen, eine baldige Änderung der Geldmengenpolitik und ein daraus folgender Anstieg des Zinsniveaus könne aber mehr Insolvenzen zur Folge haben, so der KSV. Die wirtschaftspolitische Gratwanderung der Zentralbanken sei noch nicht zu Ende. "Die es zuerst trifft, die kommen auch als erster wieder aus dem Wald heraus" sieht Kantner den Trend dahin gehen,  dass sich jene Branchen am schnellsten erholen, die von der Krise als erste betroffen waren, darunter vor allem Exportgüterindustrien. Es sei mit einer "langsamen, aber nachhaltigen" Erholung zu rechnen, insbesondere die Autobranche habe wieder Aufwind. (rb, derStandard.at, 19.08.2010)