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Henry McCarty, bekannt als Billy the Kid. New Mexico will den Revolverhelden begnadigen.

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Er war ein Revolverheld, den die Legende zum Volkshelden verklärte, zu einem Robin Hood des Wilden Westens. Er war klein, wendig und hatte den Finger schnell am Abzug. 129 Jahre nach seinem Tod wird Billy the Kid zur Staatssache.

Eigentlich hieß er Henry McCarty oder auch William H. Bonney. Generationen von Westernfans wissen, wie er sein Leben aushauchte: Sheriff Pat Garrett lauerte ihm nachts auf und erschoss ihn. Billy war aus dem Gerichtssaal geflohen und hatte dabei zwei Gehilfen des Sheriffs mit Schüssen niedergestreckt.

Jetzt bekommt sie einen neuen Dreh, die alte Geschichte. Bill Richardson, der Gouverneur New Mexicos, will den legendenumwobenen Cowboy begnadigen. Richardson will zum Ende seiner achtjährigen Amtszeit noch einen Paukenschlag landen. Während er laut nachdenkt über den Akt, gehen die Enkel und Urenkel des Sheriffs auf die Barrikaden.

"Wir lassen Pat Garretts Namen nicht durch den Dreck ziehen", protestiert Susan Floyd Garrett, die Sprecherin der Großfamilie. Jeder wolle mitstricken am Mythos "Billy the Kid", dabei sei die Sache doch sonnenklar.

Doch sie ist ziemlich kompliziert: Sie beginnt damit, dass Henry McCarty in die Dienste des reichen Engländers John Tunstall tritt, der das Handelsmonopol des Viehbarons Lawrence Murphy gefährdet. Im Februar 1878 wird Tunstall erschossen. Die auf dessen Farm arbeitenden Männer schwören Rache. Einer ist McCarty. Aus der Fehde entwickelt sich ein regelrechter Bürgerkrieg, der dem Landstrich den Ruf einträgt, der gefährlichste im ganzen Westen zu sein. Billy the Kid ist mittendrin. Irgendwann bietet ihm der Gouverneur Lew Wallace ein Tauschgeschäft an. Billy soll als Zeuge über einen Mord aussagen, dafür will man ihm seine Missetaten vergeben. Der jungenhafte Outlaw sagt aus, der Gouverneur bricht sein Versprechen - und Billy wird erschossen.

Kaum ein historischer Stoff aus dem Westen ist so oft verfilmt worden. New Mexicos Tourismusbranche schlägt klingende Münze daraus. Gute Publicity kann da nicht schaden. Vielleicht liegt darin das Motiv des Gnadenakts. Im benachbarten Texas wiederum heißt es, New Mexico streite sowieso über den falschen Mann. Der Sheriff habe seinerzeit nicht Billy erwischt, sondern einen Unschuldigen. Der wahre Billy sei 1950 in der texanischen Kleinstadt Hico sanft entschlafen. (Frank Herrmann, DER STANDARD, Printausgabe, 19.8.2010)