Wien - In der Diskussion um eine gemeinsame Obsorge für Kinder, deren Eltern getrennt leben, und um die Verknüpfung von Unterhaltszahlungen an das Besuchsrecht hat sich jetzt auch der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser zu Wort gemeldet. Die Frauenhäuser lehnen den Vorschlag der FamilienrichterInnen, Geld mit Besuchsrecht zu verknüpfen, dezidiert ab. Laut Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins, dürfe man Unterhalt nicht mit Besuchsrecht vermischen. Oft gebe es triftige Gründe für eine Verweigerung des Besuchsrechts, wie etwa im Fall von Misshandlungen. "Statt diese Frauen durch Geldentzug noch mehr zu strafen, müssten sie Unterstützung bekommen, wenn der Kontakt mit dem gewalttätigen Ex-Partner schwierig und gefährlich ist", fordert Rösslhumer.

Außerdem komme es in der Praxis weitaus häufiger vor, dass Väter zwar Besuchskontakte haben, aber monatelang dennoch keinen Unterhalt zahlen. Den Vorschlag von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner nach einer automatischen gemeinsamen Obsorge lehnt der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser ebenfalls ab.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft plädiert bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Obsorge, Besuchsrecht oder Unterhalt gleich für die Einsetzung einer außergerichtlichen Schlichtungsstelle. Diese soll schon vorab verhindern, dass der Konflikt eskaliert. Betroffene sollen diese Stelle verbindlich in Anspruch nehmen, und erst wenn dieser "außergerichtliche Familienausgleich" scheitert, würde der Fall ans Gericht übergehen. Den Vorschlag, die Einhaltung der Besuchszeit an die Unterhaltsleistung zu koppeln, hält die Kinder- und Jugendanwaltschaft für zumindest "überlegenswert".

Armutsgefährdung

Die Plattform für Alleinerziehende wiederum äußerte große Bedenken zum Vorschlag, einen Teil des Unterhalts einzufrieren, wenn das Besuchsrecht boykottiert wird. Sie befürchten, dass die Armutsgefährdung dadurch erhöht wird. Auch sei es von außen schwer feststellbar, ob es sich um eine "Besuchsverweigerung" handelt, so die Vorsitzende der Plattform, Regina Schlacht, über ihre Bedenken. Die Einrichtung einer Schlichtungsstelle befürwortet sie hingegen. (APA, tsch, DER STANDARD/Printausgabe 19.8.2010)