Der Artikel über die Arbeitsbedingungen in einem Call Center veröffentlicht am 4. August 2010 auf dieStandard.at, ist Teil einer Serie über österreichische Arbeitswelten mit Fokus auf Frauen. In Call Centern in Österreich arbeiten 75% Frauen.

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Milosch Godina hat 2008 die DMVÖ Call Center Initiative initiiert. Ziel der von call-center-forum.at und zahlreichen Branchenvertretern unterstützten Initiative ist die Implementierung eines Qualitäts-Gütesiegels im Bereich des telefonischen Permission-Marketings.

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9 Standorte in 6 Ländern: Seit der Firmengründung 1998 sieht sich Thomas Kloibhofer auf Erfolgskurs und expandiert ständig weiter.

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CCC ist auf seine Arbeitsplatzgestaltung stolz, hier ein Büro in Wien.

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"Ja, es gibt schwarze Schafe" erzählt Milosch Godina, Chef des tele2-Call Centers und Mitglied des Vorstandes des Dialog Marketing Verbandes Österreichs (DMVÖ) im dieStandard.at- Gespräch und meint damit weniger die Arbeitsbedingungen, sondern kleine Agenturen, die sich nicht an das Telekommunikationsgesetz halten und den Leuten unaufgefordert irgendwelche Glücksspiele am Telefon andrehen wollen.

Die Arbeitsbedingungen hält er generell für fair, es gebe in der Regel zufriedene MitarbeiterInnen. "Sogar freiwillige Sozialleistungen gibt es, vor allem in firmeninternen Call-Centers ist das Lohnniveau oft höher", so Godina. Ein menschenunwürdiges Arbeitsumfeld wie im Artikel geschildert, entspreche einfach nicht der Realität.

Arbeitsdruck

"Gleichzeitig muss der enorme Druck unter dem die MitarbeiterInnen arbeiten müssen, schon gesehen werden, das ist ein Massengeschäft, eine Dienstleistungsfabrik," räumt Manager Godina ein und fügt hinzu, "das erfordert neben Fachwissen hohes Engagement und oft auch Geduld." Subjektiv wahrgenommene Ungerechtigkeiten lassen die Arbeitszufriedenheit sinken, so ist beispielsweise absolute Pünktlichkeit gefordert, die in anderen Abteilungen des Unternehmens kein Thema ist.

"Druck und hohe Arbeitsbelastung in Call Centern sind für Agents, die zu uns kommen, Beschwerdepunkte" bestätigt auch die Arbeitsrechtsexpertin Irene Holzbauer der Wiener Arbeiterkammer (AK). Thomas Kloibhofer, CEO und Gründer von der im Artikel erwähnten Firma Competence Call Center (CCC) aus Wien, sieht Arbeitsdruck wie in jedem Beruf und nicht jede/r ist der/die geborene Call Center Agent.

Tatsächlich beträgt die Fluktuationsquote in Österreichs Call Centern im Durchschnitt rund 13 Prozent im Jahr, durchschnittlich drei bis vier Prozent höher als in österreichischen Unternehmen generell.

Viele arbeitsrechtliche Themen behandelt

"Wir hatten so viele Anfragen und Beschwerden von Agents, dass wir bereits 2006 eine eigene Ansprechperson nominiert haben" so die AK-Expertin. Einige Erfolge sind seither zu vermelden, Freie Dienstverhältnisse wurden in Anstellungsverhältnisse überführt, Einschulungszeit und Krankenstände werden bezahlt und der gesetzlich zustehende Urlaub von fünf Wochen pro Arbeitsjahr wird gewährt. Die Firmenleitung von CCC bekräftigt diese Aussage der AK. "Die Verträge unserer MitarbeiterInnen in Österreich entsprechen der österreichischen Gesetzgebung", erläutert CEO- Kloibhofer. Die Behauptung, nur auf Urlaub gehen zu können, wenn Überstunden gemacht worden sind, sei unrichtig. Auch ein Betriebsrat wurde mittlerweile installiert. DMVÖ-Vorstand Godina betont, dass alle arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden müssen, dafür trete auch sein Verband ein. Seinem Wissen nach ist das beim CCC der Fall.

CCC sieht sich als vorbildlicher Arbeitgeber

CCC-Chef Kloibhofer sieht sein Unternehmen als Vorreiter nicht nur in technischer, sondern auch in sozialer Hinsicht. Es werden freiwillig sechs Minuten Pause pro Stunde bezahlt. In den gesetzlich vorgeschriebenen Bildschirmpausen telefonieren die Agents für Aufträge, die keine Computerdokumentation benötigen. "Wir sind stolz auf die Methoden, die wir entwickelt haben um die Qualität unserer Arbeit zu kontrollieren, nur so ist es uns gelungen 28 internationale Auszeichnungen zu erhalten", erzählt der Firmengründer im dieStandard.at-Interview.

In der Einschulungsphase werden fünfzig Prozent des Lohns bezahlt, nach erfolgreichem Bestehen der abschließenden Prüfung die restlichen fünfzig Prozent. "Wir krankenversichern selbstverständlich auch MitarbeiterInnen, die sich in Ausbildung befinden," erläutert Kloibhofer, "Aussagen, wir würden das nicht tun, stimmen einfach nicht."

Beschwerden

Seit Jahresbeginn hat die AK etwa fünfzig ArbeitnehmerInnen beraten. Die Branche beschäftigt alleine in Österreich über 40.000 Personen, in rund 500 Call Centern, die monatlich über 100 Millionen Kundenkontakte absolvieren.

38 Fälle kamen heuer von der Firma CCC, die österreichweit rund 2000 MitarbeiterInnen beschäftigt. CCC bestätigt acht Fälle, in denen sie sich mit ehemaligen Mitarbeitern verglichen hat.

Oftmals geht es in den Beschwerden darum, monatliche Endabrechnungen zu überprüfen und nicht ausbezahlte jedoch zustehende Entgelte einzufordern, so die AK-Expertin. Krankenstände würden beispielsweise als Minusstunden abgerechnet und müssten eingearbeitet werden, berichten ehemalige MitarbeiterInnen und AK übereinstimmend. CCC-Chef Kloibhofer dementiert gegenüber dieStandard.at diese Vorgehensweise vehement, Krankenstände müssten keinesfalls eingearbeitet werden. "Alle MitarbeiterInnen bei CCC sind angestellt und wir haben in Österreich mehr Frauen als Männer in Führungspositionen." (Sandra Ernst-Kaiser, dieStandard.at 17.8.2010)