Gelernte Österreicher begannen schon zu verzweifeln. Während Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner bereits seit drei Jahren in U-Haft sitzt, konnte Ex-Hypo-Alpe Adria-Boss Wolfgang Kulterer in aller Ruhe weiter seinen Geschäften nachgehen. Sogar ein neues Leben als nobler Reitstallbesitzer in England und Agrarinvestor in Rumänien schien bereits in sicherer Reichweite. Buchstäblich im letzten Moment schlug die Soko Hypo zu; Jörg Haiders Ex-Bankier landete doch noch in U-Haft. Die Vorwürfe sind massiv: Untreue, lockere Kreditvergabe, Bildung einer kriminellen Vereinigung mit hunderten Millionen Euro Schaden für die Bank. Ein Anruf von Jörg Haider genügte, schon floss Geld in die gewünschte Richtung.

Ohne Druck von außen, sprich den Ermittlern in München und Liechtenstein, wäre das skandalöse Hypo-Flechtwerk aus politischen Begehrlichkeiten, persönlicher Bereicherung, waghalsigen Geschäftspraktiken etwa mit dubiosen Kriegsgewinnlern am Balkan von der österreichischen Justiz wohl eher zu- als aufgedeckt worden. Kulterer ist aber als ehemaliger Bankchef nur die Spitze des Eisbergs. Alle müssen für ihr Handeln zulasten der notverstaatlichten Hypo und der österreichischen Steuerzahler zur Verantwortung gezogen werden: Hypo-Vorstandskollegen, Hintermänner, Profiteure und wegschauende Politiker bis hinauf zur früheren schwarz-blauen Regierungsspitze. Dem toten Haider politisch alles umzuhängen ist zu wenig. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.8.2010)