Hafdís Huld: "Synchronised Swimmers"

Neues aus Island: Wie die ehemalige Sängerin von GusGus zur Zeit ihren Folk-Pop anlegt, hat viel von Suzanne Vega: Alles ist Licht, Luft und (positiv gemeint) Glätte. Die Ähnlichkeit liegt allerdings nur in den Arrangements und endet abrupt am Mikro, denn die lakonische Beobachterin Vega ist auch stimmlich die Coolness in Person.  Hafdís hingegen steht selbst im Mittelpunkt ihrer Songs und gefällt sich in der Solo-Rolle als süßer Piepmatz (dass die mittlerweile 31-Jährige auch ganz anders kann, wissen wir ja inzwischen).

Im Sound steckt mehr Aufwand drin, als er zu erkennen geben will, ansonsten ist auf Hulds zweiter Solo-Platte vieles homemade: Der Roboter, den Hafdís als Partner-Ersatz bauen will ("Robot Robot"). Der Frust, den sie schiebt, weil sie für eine Tussi namens "Daisy" fallen gelassen wurde, oder die Tagträume, die sie als damsel in distress strickt, während ihr "Action Man" draußen seiner Heldenarbeit nachgeht. Und die Limonade im Stammcafé, vor dem eine Frau Vögel füttert, die längst zu fett zum Fliegen sind: Das ist dann auch für die fiktive "Synchronised Swimmers"-Persona der wanderlustigen realen Hafdís das Signal zum Aufbruch aus der Häuslichkeit: The time of my life is starting late. (Strange Ways Records/Hoanzl)

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Hafdís Huld

Coverfoto: Strange Ways Records

Kristof Schreuf: "Bourgeois With Guitar"

Wir bleiben gleich unterwegs: Zu einem unerwartet intensiven Hörerlebnis wird das aktuelle Solo-Album Kristof Schreufs aus Hamburg. Natürlich, als ehemaliger Frontmann der genialen Spätachtziger-Band Kolossale Jugend (und später bei Brüllen) bürgt sein Name für Qualität - der Blick auf die Tracklist ließ aber zunächst Not-Another-Coverversionen-Album erwarten, denn da drängeln sich Titel wie "My Generation", "I Feel Love", "Keep On Rocking In The Free World" und was nicht alles.

Es geht aber nicht um den bloßen Verfremdungseffekt, den Disco-Hadern in der semiakustischen Gitarrenversion erleben - derselbe Effekt, der die Hölle in "Highway To Hell" plötzlich wie eine x-beliebige Reiseetappe an einem staubigen Highway erscheinen lässt. Schreuf nimmt die altehrwürdigen Songs auseinander, kreuzt sie untereinander (beispielsweise Indeeps "Last Night A DJ Saved My Life" mit dem schon in mehrfacher Version zum Chart-Erfolg gewordenen "Don't Let Me Be Misunderstood"), fügt eigene Textpassagen ein und stellt Hooklines, die so ungefähr jeder im Ohr hat, in einen gänzlich neuen Kontext. Heraus kommt ein wunderbares Tribut-Album an die Unrast und die Musik als deren Ausdrucksmittel - beeindruckend! (Buback/Hoanzl)

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Kristof Schreuf

Coverfoto: Buback

The Moonband: "Open Space"

Ich kapier das Konzept nicht. Es ist ja nicht bloß der Bandname - auf dem Innencover posieren die fünf MünchnerInnen in Barbarella-artiger Astronautenkluft, dazu tragen sie Pseudonyme wie "Eugen Mondbasis" oder "Andy Armstrong". In den Texten findet sich das nicht wieder: Kein Spur von Camp, die sind mittendrin im Menschlichen (und in ihrer Bildhaftigkeit auch sehr poetisch). Und auf der musikalischen Seite gibt's auch keine nachvollziehbare Querverbindung, da steht die Moonband für mehrstimmig gesungenen Hippie-Folk mit Akustikgitarren, Banjos und Harfe; durchaus altertümlich angelegt.

Am besten die Weltraumelei einfach vergessen - manchmal drängt sich eh der Verdacht auf, dass weltweit bandinterne Diskussionen à la "Nehmen wir ein Meeresbild als Cover und tragen dann auf einer Stricherlliste ein, wie viele RezensentInnen sich ozeanische Metaphern abquälen" in verrauchten Studio-Hinterzimmern am Laufen sind. - Wichtiger ist: Schöne Musik, wenn auch ein bisschen viel davon. In den kargen Worten Lou Reeds: "CDs are way too long." (Rockville Music/Soulfood)

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The Moonband

Coverfoto: Rockville Music

Katze: "Du bist meine Freunde"

Erinnert sich noch wer an Throw That Beat In The Garbagecan! ? Um 1990 herum war's, da schuf die Band aus Franken eine supersympathische Kinderzimmer-Version von Punkpop mit viel TraLaLa und LaLeLu, naiven Texten, spektakulären Hüten und eigenen Comic-Strips. Wer sich nach einem B-52's-Song benennt, für den ist der Spaßfaktor schließlich Programm.

Throw That Beat ist seit 13 Jahren Geschichte. Aber Band-Mastermind Klaus Cornfield, an dem die verstrichenen Jahrzehnte spurlos vorübergegangen zu sein scheinen, ließ den Stil von einst auch in den Nuller Jahren hochleben; außer dass in seinem aktuellen Projekt Katze überwiegend auf Deutsch gesungen wird. Die Songs sind zwischen eineinhalb und drei Minuten kurz; die Gitarren wollen von einer Orgel und Klaus von ein bis zwei weiblichen Stimmen begleitet werden. Wenn dann in "Hübsch aber dumm" noch am Glockenspiel geklimpert und in die Melodica gepustet wird, schließt sich der Kreis endgültig: We had punkrock records for breakfast and we threw tv's out of the holiday inn / and just when we thought it was over it was just the begin ... (ZickZack)

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Katze

Coverfoto: ZickZack

Hurts: "Happiness"

Ja, und dann ist da noch das Debüt-Album der Hurts, das in knapp zwei Wochen endlich wirklich zu kaufen ist. Die Marketing-Maschine, die das Duo aus Manchester offensichtlich mit Erfolg (und nebenbei bemerkt auch mit einiger Berechtigung) zum Hype des Jahres hochstilisiert, läuft schon derart lange auf Hochtouren, dass es einem wie eine halbe Ewigkeit vorkommt, seit die Singles "Wonderful Life" und "Better Than Love" auf den Markt gekommen sind. Und "Blood, Tears and Gold" kursiert ja auch schon seit Monaten als Appetizer im Netz; nur noch getoppt davon, dass sich Theo Hutchcraft und Adam Anderson just Kylie Minogue als Gastsängerin für das Stück "Devotion" geangelt haben.

Auf den Musikvideo-Kanälen mehren sich derzeit wieder weltgeschmerzte Schönlinge, die zu einer 1:1-Neuauflage des Synthie-Pop à la 80er Jahre mit unbewegter Miene in die Gegend schauen. Und selbst wer mit dem Stil weniger anfangen kann, müsste wenigstens dafür dankbar sein, dass sich damit wieder ein ruhiger Gegenpol zur nervtötenden Pseudohektik von Superschnellschnitt-Videos etabliert. Es lebe die Entschleunigung - erst recht wenn sie mit so endloser Eleganz durchgezogen wird wie auf "Happiness". Wird am Ende des Jahres nicht nur in meiner Bestenliste stehen.  (Sony)

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Hurts

Coverfoto: Four Music/Sony