Bild nicht mehr verfügbar.

Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer ist vorerst der Einzige in der Hypo-Causa, der von der Justiz festgehalten wird.

Foto: Reuters/Bader

Aus Sicht der Soko Hypo war die Razzia zur Causa Hypo Alpe Adria am Freitag ein Erfolg. Bei den Hausdurchsuchungen an zehn Standorten seien diverse Unterlagen gefunden worden, "die für das weitere Ermittlungsverfahren relevant sind", sagte der Chef der Soko Hypo, Bernhard Gaber, am Sonntag zum Standard. Er präzisierte auch die Hintergründe für die Festnahme von Ex-Hypo Chef Wolfgang Kulterer. In der Haftanordnung habe man sich auf jene Punkte konzentriert, bei denen die Ermittlungen am weitesten fortgeschritten sind und "mit großer Wahrscheinlichkeit" eine Verurteilung möglich sei.

  • Kredite: Angeführt wurden zwei Kredite, die auf Drängen Jörg Haiders vergeben wurden - ohne entsprechende Sicherheiten. Es geht einerseits um einen Blitzkredit in der Höhe von zwei Millionen Euro für die Fluglinie Styrian Spirit. Später ging die Airline pleite. Andererseits geht es um ein 150.000-Euro-Darlehen für den Privatdetektiv Dietmar Guggenbichler, der immer wieder im Umfeld der FPÖ tätig war. Auch er konnte den Kredit nicht zurückzahlen. Gaber: "Das sind zwei beispielhafte Punkte für die systematische Misswirtschaft bei der Kreditvergabe. Es gab mangelnde bis gar keine Sicherheiten."
  • Falschaussage: Beschuldigt wird Kulterer auch der falschen Zeugenaussage im U-Ausschuss des Kärntner Landtages im Jahr 2007. Es geht darum, wann erstmals Verkaufsgespräche mit der BayernLB geführt wurden. Werner Schmidt, Ex-Vorstandschef der Bayern, sagt den Ermittlern in München, erste Gespräche hätten bereits im Sommer 2006 stattgefunden. Kulterer sprach von Anfang 2007.

Stundenlange Einvernahme

Über das Wochenende wurde Kulterer stundenlang einvernommen. Kurz nach Mitternacht in der Nacht auf Sonntag wurde der 56-jährige Banker dann in die Justizanstalt Klagenfurt überstellt. Ab diesem Zeitpunkt hat der zuständige Richter 48 Stunden Zeit, um über den Antrag auf U-Haft zu entscheiden. Am Sonntagabend stand die Bestätigung noch aus. Eine zweite Person, die vorübergehend festgenommen wurde, kam am Wochenende wieder frei.

  • Kapitalerhöhung: Parallel zu den dubiosen Kreditgeschäften prüft die Justiz auch weiter die umstrittenen Hypo-Kapitalerhöhungen der Jahre 2004 und 2006. Am Freitag wurde ein Jurist einvernommen, der bestätigt hat, dass sich die Bank im Rahmen dieser Kapitalerhöhungen dazu verpflichtet hat, die ausgegebenen Vorzugsaktien zurückzukaufen - innerhalb eines bestimmten Zeitraums (fünf Jahre) und zu einem bestimmten Preis. Er selbst habe solche Put-Optionsverträge errichtet und kenne weitere Juristen, die derartige Verträge ausgearbeitet haben, soll der Mann ausgesagt haben.

Die Existenz einer Rückkaufsverpflichtung war bisher nicht gesichert, fügt sich aber ins Bild. Denn noch Anfang 2009 - also kurz nachdem die Bank de facto pleite war und notverstaatlicht werden musste - wurden die Vorzugsaktien unter Bankchef Franz Pinkl um 200 Mio. Euro zurückgekauft. Gewinner waren die (Ex-)Vorzugsaktionäre.

Sollte sich die Darstellung des Zeugen als richtig erweisen, war das von den Vorzugsaktionären gezeichnete Kapital für die Bank kein Eigenkapital. Als solches gilt, simpel ausgedrückt, nur Kapital, das der Bank dauerhaft zur Verfügung gestellt wird, was bei einer Rücknahmeverpflichtung eben genau nicht der Fall ist. Die strafrechtlichen Vorwürfe, die sich daraus ergeben: Bilanzfälschung und Untreue (bzw. Beihilfe dazu), Letzteres, wenn sich erweist, dass mit dem Vorgehen der Banker einzelnen Hypo-Geschäftspartnern wissentlich finanzielle Vorteile zugeschoben wurden. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Zur Erinnerung: Die Kärntner Hypo war aufgrund ihres rapiden Wachstums immer knapp mit Eigenkapital, verbrauchte pro Monat 200 bis 300 Mio. davon. 2004 fand in der von Kulterer geführten Bank eine komplizierte Kapitalerhöhung statt: Die Leasingtochter begab Vorzugsaktien von 200 Mio. Euro. Zeichner waren Wiener und liechtensteinische Stiftungen sowie liechtensteinische Anstalten, die einer Handvoll Vorstands-nahen Geschäftspartnern zuzurechnen sind. Den Verdacht, dass dahinter Vorstandsmitglieder selbst standen, weisen selbige zurück. Ex-Vorstand Günter Striedinger gab dazu jüngst eine eidesstattliche Erklärung ab, wonach er weder als Vorstand noch als Privater oder über seine Gesellschaft Rubicon direkt oder indirekt an dem Deal teilgenommen habe.

Deal neu aufgerollt

Das Pikante an der Sache: Finanziert haben die Vorzugsaktionäre ihren Einkauf zunächst über Kredite der Hypo-Tochterbank Liechtenstein. Das Geschäft der Investoren war die Differenz zwischen Kreditzinsen (4,5 Prozent) und Vorzugsaktien-Dividende (6,25 Prozent), also 1,75 Prozent. War die Bank tatsächlich zum Rückkauf verpflichtet, war das Risiko der Vorzugsaktionäre denkbar gering - nämlich null.

Nach einer Vor-Ort-Prüfung der Notenbank 2007 musste die hypo-interne Kreditkonstruktion aufgelöst werden, die Gesellschaften nahmen Umschuldungen vor - wodurch dann sozusagen wirklich Eigenkapital entstand.

Die zweite Kapitalerhöhung fand 2006 statt. Damals stiegen nicht mehr hauptsächlich Freunde des Hauses als Vorzugsaktionäre ein, sondern Externe, statt der geplanten 100 Mio. konnten nur noch rund 85 Mio. Euro platziert werden. Auch für diesen Deal hatte die Bank laut Zeugen eine Rückkaufsverpflichtung, auch der Deal wird nun erneut aufgerollt.(Günther Oswald, Renate Graber/APA, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 16.8.2010)