Vor genau 20 Jahren veröffentlichte der Stern Hitlers gefälschte Tagebücher. Um ein Haar hätte sich damals auch eine große, bürgerliche Tageszeitung in Österreich mit blamiert: Deren Chefredakteur wollte auf die Stern-Veröffentlichung aufspringen. Der heiße Starreporter des Blattes hatte einen Supercoup gelandet: 20 vergilbte Blätter mit dem Bericht eines österreichischen Zeitzeugen: "Wie ich dem Führer auf der Terrasse des Parkhotels Pörtschach den Tee servierte." Als Beweis war ein altes Foto beilegt, für das der Führer angeblich bereitwillig Modell gestanden hatte. Es zeigte einen grinsenden Herrn, der sich sein (blondes!) Haar in die Stirn gekämmt und einen Zahnbürstenbart angeklebt hatte. Der Autor dieser Glosse, damals beigezogen, wandte ein, das sei ein Juxfoto und die Memoiren ein Betrug wie wohl die Stern-Tagebücher auch. "Wurscht", sagte da der Chefredakteur, "Hitler geht immer!". Der Artikel ist dann nicht erschienen, weil inzwischen die Stern-Fälschung aufgeflogen war.

Aber Hitler geht noch immer. Die Bücher erscheinen im Monatstakt. Hoffentlich deswegen, weil noch immer und schon wieder so viele wissen wollen, wie diese größte Katastrophe unserer Geschichte möglich war. (DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.4.2003)