Forscherin Linda Ng Boyle im Fahrzeugsimulator

Foto: Linda Ng Boyle

Seattle - Handys und andere Elektronik-Gadgets sind potenziell gefährliche Ablenkungen für Autofahrer. Doch spezielle Coaching-Systeme können helfen, das Risiko zu minimieren, so ein US-Forscherteam. Dem Versuch zufolge reagieren gerade vergleichsweise risikofreudige Fahrer wirklich auf die Hilfestellung. "Die schlechtesten Fahrer können am meisten profitieren, da wir ihr Verhalten am stärksten beeinflussen", sagt Linda Ng Boyle, außerordentliche Professorin für Industrie- und Systemtechnik an der University of Washington.

Hilfe statt Verbote

Zwar ist das Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung in vielen US-Bundesstaaten ebenso verboten wie in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz). Doch auch andere Elektronik-Gadgets wie Media Player oder Navigationsgeräte können Fahrer ablenken. "Es wird immer mehr Geräte in Fahrzeugen geben. Es kann nicht für alles ein Gesetz geben", meint Boyle. Deshalb verfolgt sie den Ansatz, die Aufmerksamkeit von Lenkern mit technischen Hilfsmitteln zu steigern. In einem Experiment am Fahrzeugsimulator wurden 53 junge Menschen im Alter von 18 bis 21 Jahren angehalten, sich mit Aufgaben auf einem Nebenbildschirm zu befassen. Mittels Eye Tracking wurden zudem ihre Augenbewegungen verfolgt. Wenn der Blick zu lange von der Straße abgewichen ist, hat das Testsystem den Fahrer entsprechend gewarnt.

Durch die Aufgaben waren die Fahrer etwa so stark abgelenkt wie durch das Sortieren der Wiedergabeliste auf einem MP3-Player. Wirklich risikobereite Fahrer ließen ihren Blick dabei teils für drei Sekunden von der Simulator-Straße abschweifen. Doch hat eben diese Gruppe am stärksten auf Warnmeldungen reagiert, die vom Eye-Tracking-System ausgelöst wurden. Ihre Unaufmerksamkeitsspanne ist dadurch so weit gesunken, dass sie etwa jener von wenig risikobereiten Vergleichspersonen entsprach. Somit bleiben die Fahrer länger unfallfrei, was letztlich Leben rettet.

Coaching

Den US-Forschern geht es jedenfalls darum, nicht nur die Autos, sondern auch die Fahrer selbst sicherer zu machen. "Ich bin zuversichtlich, dass Lenker gecoacht werden können", meint Boyle. Nachdem das Simulatorexperiment dies für junge Fahrer bestätigt hat, untersucht die Wissenschaftlerin nun die Anwendung der Monitoring-Technologie auf andere Zielgruppen. Das umfasst Berufskraftfahrer, Lenker mit traumatischen Hirnverletzungen sowie ältere Fahrer, bei denen die kognitive Leistungsfähigkeit vielleicht schon nachlässt. (pte/red)