Brüssel - Die Verhandlungen zwischen sieben Parteien für die Bildung einer neuen belgischen Regierung haben bisher keine wesentlichen Fortschritte gebracht. Am Mittwochabend legte der mit der Vermittlerrolle beauftragte Chef der französischsprachigen Sozialisten, Elio di Rupo, seinen Plan für eine Staatsreform vor, die Gespräche werden am heutigen Donnerstag fortgesetzt. In Verhandlerkreisen hieß es laut Medienberichten, dass es derzeit weder eine Blockade noch eine Zustimmung zu den Plänen di Rupos gegeben habe, die Chancen für ein gemeinsames Papier werden auf 50:50 eingeschätzt.

Jedenfalls vermeidet di Rupo den Fehler seines Vorgängers, des abgewählten und derzeit interimistisch die Regierungsgeschäfte führenden Premierministers Yves Leterme, mit unausgegorenen Vorschlägen in die Medien zu gehen. Auch die Vertreter der anderen, an den Vorgesprächen für eine mögliche Regierungsbildung beteiligten Parteien halten sich bisher großteils an die Verschwiegenheitsparole.

Keine Frist für Verhandlungsende

Eine Frist für ein Verhandlungsende gibt es diesmal keine. Allerdings soll di Rupo die Ergebnisse seiner Vermittlungsgespräche am Sonntagabend König Abert II. vorlegen. Die Sondierungen des französischsprachigen Sozialistenchef sind bereits einmal um zwei Wochen verlängert worden. Es ist unklar, ob di Rupo - sollte er noch keine entsprechenden Fortschritte präsentieren können, um wie erhofft den konkreten Auftrag zur Regierungsbildung zu erhalten - einen weiteren Aufschub erhalten könnte.

Alles deutet derzeit darauf hin, dass di Rupo neuer Premierminister einer Koalitionsregierung aus Sozialisten, Christlichen Demokraten und flämischen Nationalisten werden wird. Er wäre der erste französischsprachige Premier seit 36 Jahren. Der zweite Wahlsieger und Chef der flämischen Nationalistenpartei N-VA, Bart De Wever, hat nach eigenem Bekunden kein Interesse am Posten des Regierungschefs. Zuletzt hatte der König ein Ende des Sprachstreits gefordert, an dem die Regierung von Leterme letztlich gescheitert ist. Albert II. unterstützt eine Staatsreform, die den Regionen mehr Rechte geben soll.

Bei den sieben Parteien, die derzeit Vorgespräche für eine allfällige Koalition führen, handelt es sich um die Sozialisten in der Wallonie von di Rupo (PS), die flämischen Sozialisten (SP.A), die neue flämische Nationalistenpartei N-VA, die frankophone CDH (Centre Democrate Humaniste), die flämischen Christdemokraten CD&V, sowie die französischsprachigen Grünen (Ecolo) und die flämischsprachigen Grünen (Groen). (APA)