Einen Platz für sein Kind zu bekommen ist auch dann nicht sicher, wenn beide Eltern arbeiten. Obwohl Berufstätigkeit ein Vergabekriterium ist, halten sich nicht immer alle Kindergartenleiter daran.

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Wien - Petra F. hatte alles geplant: Sie wollte genau in diese autofreie Anlage im südlichen Wien ziehen. Denn dort sollte auch ein großer Kindergarten entstehen, drei Minuten von ihrer Wohnung entfernt. Lange vor der Geburt ihrer Tochter suchte sich die selbstständige Trainerin ihr Wohnumfeld danach aus, Familie und Beruf vereinbaren zu können. Hier könnte es gelingen, glaubte sie.

Gleich nach der Geburt meldete Frau F. ihre Tochter im "Kinder in Wien"-(Kiwi)-Kindergarten an. Drei Monate setzte sie ihren Job aus, danach wurde eine Leihoma für 15 Stunden die Woche engagiert. Da auch ihr Mann Vollzeit arbeitet, traf sie die Absage vom Kindergarten hart. "Ich hab keine Erklärung bekommen, warum uns dieser Platz verwehrt wurde", ärgert sich die junge Mutter. "Die Plätze werden anscheinend nach Sympathie oder an Leute, die echt Radau machen, vergeben." Merkwürdig findet sie, dass Kinder bevorzugt wurden, obwohl gar nicht beide Eltern berufstätig sind.

"Meines Wissens nach gibt es so etwas nicht", sagt VP-Wien-Gemeinderätin und Kiwi-Geschäftsführerin Monika Riha. Es sei sehr wohl so, dass man die Plätze vorrangig an berufstätige Eltern vergebe oder an solche, die wieder in den Beruf einsteigen wollen. Dabei könne es schon vorkommen, dass ein Kind erst im Oktober oder November anfange und nicht - wie üblich - im September. Dass aber Plätze über einige Monate "reserviert" werden, indem nur die Gebühr für den Halbtagsbesuch ohne Essen bezahlt werde, wie eine andere Mutter kritisiert, davon wisse sie nichts. "Aber natürlich ist jeder, der keinen Platz bekommt, unzufrieden. Dieses Jahr mussten wir 2000 Kinder abweisen, was enorm viel ist."

"Reservierung" nicht dulden

Die Leiterin des besagten Kindergartens weiß hingegen sehr wohl von der Platzvergabe an nichtberufstätige Eltern. Jedoch seien diese Plätze von ihrer Vorgängerin zugesagt worden, als sie noch nicht im Amt war. Sie selbst werde sicher auf die Berufstätigkeit der Eltern achten und auch eine "Platzreservierung" nicht dulden, wie sie betont.

Verzweifelt wandte sich Petra F. nach der Absage ans Magistrat, das ihr einen Krippenplatz in einem Privatkindergarten in der Innenstadt in Aussicht stellte. "Wir haben zwar eine Warteliste, aber weil Sie uns so sympathisch sind, nehmen wir Sie" , hieß es dort beim Kennenlernen. Trotz des Gratiskindergartens müssen Frau F. und ihr Mann für diesen Platz rund 300 Euro bezahlen und ihre mittlerweile zweijährige Tochter durch die halbe Stadt kutschieren.

"Dass viele Eltern weite Strecken zurücklegen müssen, ist leider üblich. Im 23. und im 12. Bezirk ist es ganz schlimm", sagt Riha. "Es fehlen wichtige Plätze."

"Derzeit stehen wir vor einem Nadelöhr. Aber wir schaffen bis Jahresende eine 100-prozentige Deckung des Bedarfs bei den Drei- bis Sechsjährigen", sagt Michaela Zlamal, Sprecherin von Stadtrat Christian Oxonitsch (SP).

Ob die Fördervereinbarungen von den privaten Trägern auch eingehalten werden, werde stichprobenartig überprüft, erklärt Zlamal. "In erster Linie müssen die Plätze an fünf- und sechsjährige Kinder vergeben werden, in zweiter Linie an Kinder, wo beide Eltern berufstätig sind." Bei Verstößen könnte der Kindergarten einen Großteil der Förderung verlieren.

Diese Situation sei aber nur eine Übergangsphase, stellt Zlamal klar. "Denn unser Ziel ist ein Platz für jedes Kind. Dann muss man auch die Berufstätigkeit nicht mehr überprüfen." (Bettina Reicher, DER STANDARD, Printausgabe, 12.8.2010)