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50 Unterschriften braucht Heribert Rahdjian, um wieder in derJosefstadt zu kandidieren - diesmal mit einer eigenen Liste.

Foto: APA-FOTO: THOMAS RIEDER

Wien - Heribert Rahdjian kann's nicht lassen. Während andere in seinem Alter die Pension genießen, tritt er mit 74 Jahren noch einmal an, um Bezirksvorsteher der Josefstadt zu werden. "Das ist mein Pensionsgenuss", sagt er. Vor fünf Jahren holte er die bis dahin schwarze Josefstadt noch für die Grünen; diesmal ist er der Spitzenkandidat von "Echt Grün - Liste Heribert Rahdjian".

Die eigenständige Kandidatur Rahdjians ist das Ergebnis monatelanger interner Querelen, vor allem mit seiner jungen Stellvertreterin Doris Müller konnte sich der Bezirksvorsteher nicht so recht anfreunden. Unmittelbar vor der Listenerstellung Anfang Juni reichte es ihm dann: "Ich habe fünf Jahre schlechte Erfahrungen mit meiner Stellvertreterin hinter mir, das mach ich nicht noch einmal mit", richtete er den Parteifreunden in der Josefstadt im Standard aus. Vergeblich: Sie wählten Alexander Spritzendorfer, bis dahin Klubdirektor in Niederösterreich, zum Spitzenkandidaten für die Bezirksvertretungswahlen am 10. Oktober. Müller bleibt auf Platz zwei.

Gut zwei Monate später verblüfft Rahdjian nun die Grünen. Am Mittwoch hinterlegte er die Formulare bei der MA 62, mittels derer er die für eine Kandidatur notwendigen 50 Unterstützungserklärungen sammeln will. Am Dienstagabend erfuhr Landessprecherin Silvia Nossek via der Standard.at von Rahdjians Antreten und ist nun enttäuscht: "Er hat gesagt, dass er das nicht macht."

Nächtliche Telefonate

Schon im September vergangenen Jahres habe sich laut Nosseks Darstellung die Landespartei eingeschaltet und versucht, mit diversen Kompromissangeboten die grünen Wogen in der Josefstadt zu glätten. Rahdjian sieht das anders: "Die Landespartei versteckt sich hinter der Basisdemokratie" - obwohl man ihm stets versichert habe, ihn weiter an der Bezirksspitze zu wollen. Am späten Dienstagabend habe dann noch Gemeinderat Martin Margulies telefonisch versucht, ihn von einer eigenen Kandidatur abzuhalten, erzählte Rahdjian Journalisten. Mit Klubobfrau Maria Vassilakou habe er noch nicht gesprochen. Sie war auch für den Standard am Mittwoch nicht erreichbar. Bundessprecherin Eva Glawischnig bezeichnete die Wiener Wickel als "alles andere als erfreulich".

Mit Rahdjian verlassen mehrere grüne Bezirksräte und die bisherige Klubobfrau im Achten, Erika Furgler, die Partei. Voraussichtlich 20 Personen werden für "Echt Grün" kandidieren. "Ich freue mich, wenn wir in die Bezirksvertretung kommen", sagt Rahdjian, er selbst würde natürlich gern Bezirksvorsteher bleiben. Das wird schwierig: Schon 2005 fiel das Ergebnis mit 32,3 Prozent für die Grünen, 29 Prozent für die VP-Liste "Pro Josefstadt" und 28,6 Prozent für die SP denkbar knapp aus.

"Helfen tut uns das nicht", sagt Grünen-Spitzenkandidat Spritzendorfer. Er meint, Rahdjian werde sowohl den Grünen als auch der VP Stimmen wegnehmen. "Der Herr Sternfeld (Raphael Sternfeld, Spitzenkandidat der SP; Anm.) wird heute noch eine Flasche Schampus aufmachen", glaubt Spritzendorfer. Für ihn kam Rahdjians Kandidatur ebenfalls überraschend - "obwohl ich mit dem Heribert ständig im Gespräch bin". Er demontiere damit sein eigenes Denkmal.

Kein Rütteln an Listenwahl

Nach Mariahilf, wo auf Betreiben der Landespartei die Gemeinderätin Susanne Jerusalem als Spitzenkandidatin installiert wurde, ist die Josefstadt nun schon der zweite Bezirk mit zwei grünen Fraktionen. Es sei "ein Problem, dass die basisdemokratischen Entscheidungen oft nicht mitgetragen werden", räumt Nossek ein. An dem Prinzip, dass Listen gewählt werden - "und nicht, wie bei anderen Parteien, im stillen Kämmerlein ausgemacht" - will Nossek aber nicht rütteln.

Die "Echt Grünen" in Mariahilf wurden am Montag aus der Landespartei ausgeschlossen. Rahdjian kann das nicht passieren: Er war formal nie Grünen-Mitglied. (Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 12.8.2010)