Samuel Huber-Huber (r.) mit zwei seiner fünf direkten Konkurrenten unmittelbar vor der Vorrunde bei der Sauna-WM.

Foto: Georg Kastner

Vor dem Wettkampf ließ sich Ex-Weltmeister Timo Kaukonen (Mi.) mit den beiden österreichischen Startern Huber-Huber und Georg Kastner (r.) fotografieren. Das Finale hat er mit schweren Verbrennungen überlebt.

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Ein Appell ist Huber-Huber wichtig: „Man darf so ein Event auf keinen Fall mit „normalem" Saunieren vergleichen, das ja gesund ist und ein Genießen und Reinigen bedeutet."

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Samuel Huber-Huber war einer von zwei österreichischen Startern bei der Sauna-WM im finnischen Heinola, bei der im Finale Vldadimir Ladyzhenski (RUS) starb und Ex-Weltmeister Timo Kaukonen (FIN) mit schweren Verbrennungen überlebte - derStandard.at berichtete. Der 40-jährige Wiener lebt seit fünf Jahren im Skisprung-Dorado Lahti und war das dritte Mal bei der Sauna-WM am Start. 

derStandard.at: Wie werden die tragischen Ereignisse in der finnischen Bevölkerung und in den Medien aufgenommen?

Huber-Huber: Die Vorfälle sind immer noch Nachrichtenthema Nummer 1. Daran sieht man den Stellenwert. Man wartet auf offizielle Ergebnisse der Untersuchungen. Die Obduktion des verstorbenen russischen Teilnehmers wurde am Montag durchgeführt. Außerdem ist nicht klar, wie es Timo Kaukonen wirklich geht. Es wird behauptet, sein Zustand sei stabil - was immer das heißt. In der Bevölkerung ist man geteilter Meinung: Die einen sprechen sich für eine solche Veranstaltung aus, die anderen sagen, dass so etwas komplett hirnrissig sei.

derStandard.at: Wissen Sie, was beim Finale genau passiert ist?

Huber-Huber: Ich war beim Finale nicht mehr live vor Ort, mir wurde aber berichtet, dass Kaukonen nicht mehr aus eigener Kraft die Sauna verlassen konnte - laut Reglement würde er deswegen disqualifiziert, wenn die WM gewertet wird, was aber noch offen ist. Daraufhin wurde Ladyzhenski aufgefordert, ebenfalls herauszukommen - in diesem Fall wird dem Teilnehmer die rote Karte gezeigt, aber er schaffte es nicht mehr. 

derStandard.at: War die medizinische Versorgung zu mangelhaft, um einen tödlichen Ausgang zu verhindern?

Huber-Huber: Dazu fehlen mir genaue Informationen, aber die Versorgung ist prinzipiell für Extremfälle gerüstet. Außerdem beobachtet die Jury die Vorgänge ständig: So werden Teilnehmer aufgefordert, die Hand zu heben, um zu zeigen, dass alles in Ordnung ist. Für die Startberechtigung müssen alle ein ärztliches Attest vorweisen. Die Entscheidung, dass man hinein- und wann man wieder herausgeht, trifft jeder selbst. Und es war der erste Vorfall bei der mittlerweile 12. Sauna-WM.

derStandard.at: Aber es muss triftige Gründe geben, dass so etwas passiert.

Huber-Huber: Einen Kritikpunkt hat Kaukonen schon vor dem Finale angesprochen: Dass die Teilnehmer am Finaltag drei Runden absolvieren mussten - was eine extreme Belastung ist. Außerdem hatte Ladyzhenski vor dem Wettkampf behauptet: „Ich werde heuer um jeden Preis gewinnen." In einer Vorrunde bekam er auch eine Verwarnung, weil er eine kühlende Creme verwendet hatte. Bis zum Finale dürfte sich das Duell ziemlich zugespitzt haben.

derStandard.at: Was macht den Kick aus, bei einer solchen Veranstaltung teilzunehmen?

Huber-Huber: Der Veranstalter der WM, Ossi Arvela, ist ein Freund von mir. Ich habe für ihn das Logo entworfen und die Inhalte der Website auf Deutsch übersetzt. 2008 hat er mich überredet, einmal teilzunehmen. Es hat mir gefallen und ich habe auch ganz gut abgeschnitten. Heuer habe ich schon zwei Minuten und drei Sekunden durchgehalten.

derStandard.at: Hatten Sie in den vergangenen Tagen Kontakt zu Ossi Arvela?

Huber-Huber: Ich habe ihm aufmunternde Worte geschickt, aber sonst in Ruhe gelassen. Ich habe nur gelesen, dass er gemeint hat, es sei die letzte WM gewesen. Ich kann mir das aber nicht vorstellen. Auch in anderen Sportarten sind tragische Unfälle passiert und es gibt sie immer noch.

derStandard.at: Sie würden also wieder teilnehmen?

Huber-Huber: Ich denke schon, denn, wie gesagt, ist jeder für sich selbst verantwortlich. Ich sehe grundsätzlich nichts Negatives dabei. Die WM hat in den vergangenen Jahren auch internationale Aufmerksamkeit bekommen. Es sollte eine faire, lustige Veranstaltung sein. Es war auch bisher wie ein Volksfest mit familiärem Flair, das immer recht locker und fröhlich ablief. Dazu das angenehme Ambiente in der Sommertheater-Arena in Heinola.

derStandard.at: Aber die gängige Meinung ist nun schon: „Das sind doch alles Wahnsinnige."

Huber-Huber: Man darf so ein Event auf keinen Fall mit „normalem" Saunieren vergleichen, das ja gesund ist und ein Genießen und Reinigen bedeutet. Es ist ja nicht die Hitze von 110 Grad das Extreme, sondern die permanenten Aufgüsse: jede halbe Minute ein halber Liter Wasser. In einer Trockensauna würde man auch 130 Grad aushalten. Mich ärgert, dass jetzt Besserwisser Behauptungen aufstellen, die keine Ahnung haben, welchen Stellenwert Saunieren in Finnland hat - es ist quasi wie das tägliche Brot. Daher war es eine logische Folge, dass sich das bis zu einer Sauna-WM gesteigert hat.

derStandard.at: Wie bereitet man sich auf einen solchen Wettkampf vor?

Huber-Huber: Am besten mit viel, viel Saunieren, wobei man jede halbe Minute einen Aufguss macht. Dadurch kann sich die Haut besser einstellen. Auch eine gute Kondition hilft, sonst ist nicht viel möglich.

derStandard.at: Was spielt sich bei einem WM-Saunagang ab und wie fühlt sich das an?

Huber-Huber: Zuerst stellt man sich unter eine spezielle Dusche, aus der eiskaltes Wasser rinnt. Dort bleibt man, bis man richtig zittert und geht dann in die Sauna. Drinnen ist das erste Gefühl: „Endlich wieder warm." Aber durch die heiße feuchte Luft wird das Atmen immer schwerer. Dann beginnen die Schultern, die Finger, die Knie, die Nase, die Ohren stechend zu brennen - daher habe ich auch lange Haare, um meine Ohren zu schützen. Es fühlt sich so an, wie wenn man die Hand über kochend heißes Wasser hält oder wie Peitschenhiebe. 

derStandard.at: Finnland gilt als Wiege für „verrückte" Weltmeisterschaften wie Handyweitwurf, Frauenweittragen oder Luftgitarrespielen. Böse gefragt: Spinnen die Finnen?

Huber-Huber: Die Finnen sind ein eher ruhigeres Volk. Sie sind nicht unbedingt die Ersten, die auf dich zugehen, du musst schon sie ansprechen. Aber dann sind sie überaus freundlich, höflich und sehr hilfsbereit. Und sie haben Ideen! Verrückte Ideen. Und das gefällt mir. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele dieser „Verrücktheiten" in langen winterlichen Saunasitzungen entstanden sind. (Martin Obermayr, derStandard.at, 11.8.2010)