Der beste Weg, das Universitätswesen zu revolutionieren, ist, Studierende und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen und dann Lösungen für die eigentlichen Gründe von Studienabbrüchen zu finden. Im Rahmen unseres Projekts konnten wir fünf Typen von Studienabbrechern identifizieren: die Mittellosen, die Ziellosen, die Entmutigten, die Lebenshungrigen und die Überbeschäftigten.

Das Hauptproblem der Mittellosen sind die hohen Studiengebühren. Mit den entsprechenden Finanzen würden sie ihr Studium problemlos abschließen. Typischerweise haben sie für staatliche Unterstützung zu viel, für die Eigenfinanzierung aber zu wenig Mittel. Geld ist für fast alle Studierenden ein Problem. Diejenigen, für die Gebühren das einzige Problem sind, sind in der Minderheit.

Die Ziellosen wissen nicht, warum sie sich für eine akademische Ausbildung entschlossen haben. Sie haben dem sozialen Druck nachgegeben, der das Studium als einzigen Weg zum Erfolg sieht, aber für sie gibt es viele Wege, die eigene Berufung zu finden. Sie fühlen sich moralisch und emotional von den Universitäten im Stich gelassen, da diese die Gebühren kassieren, ohne wirklich für den Erfolg der Studierenden etwas zu leisten.

Die Entmutigten waren oft hervorragend in der Schule. Wenn sie aber auf der Uni nicht sofort Topnoten bekommen, sind sie verunsichert und frustriert. Sie glauben, den Ansprüchen von Freunden und Familie nicht standhalten zu können, und geben der Uni die Schuld an ihrem Scheitern.

Die Lebenshungrigen möchten im Leben aus dem Vollen schöpfen. Sie finden die Welt außerhalb der Uni deutlich interessanter; die Institution der Universität ist für sie künstlich und lebensfern. Sie halten die Universität für ein steriles Labor, in dem Professoren ohne Lebenserfahrung lehren und die Lerninhalte keinen Realitätsbezug haben. Die Uni kann mit den finanziellen und beruflichen Verlockungen außerhalb nicht mithalten.

Und schließlich gibt es die Überbeschäftigten, die ihr Studium gerne abschließen würden und auch die Mittel haben, aber den Stundenplan nicht mit ihrem Lebensplan abstimmen können. Sie müssen sich um Kinder und Arbeit kümmern, da hat Lernen eine niedrige Priorität. Das typische Studentenleben passt nicht zu ihrem Leben. Sie fühlen sich im Universitätsumfeld fehl am Platz.

Diese fünf Studententypen zu verstehen und ihre Bedürfnisse als Kernprobleme zu identifizieren bedeutet, die eigentlichen Probleme für Studienabbrüche anzupacken. (Katherine von Jan, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.8.2010)