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Zwei Ministerinnen, zwei Meinungen: Bandion-Ortner (re.) sieht Änderungsbedarf, Heinisch-Hosek kann den nicht erkennen.

Foto: APA/Jäger

Wien - Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Justizministerin Claudia Bandion-Ortner sind über eine Neuregelung des Obsorgerechts für Unverheiratete in Österreich uneinig. Das berichtet am Montag das Ö1-Morgenjournal.

Eine Reform könnte nötig werden, wenn der Europäische Gerichtshof ein Urteil ähnlich wie in Deutschland verkündet. Dort hatte vergangene Woche ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in einem Sorgerechtsstreit dafür gesorgt, dass die bestehende Rechtsordnung gekippt werden musste. In seinem Urteil verwarf das Bundesverfassungsgericht die bisherige automatische Bevorzugung unverheirateter Mütter gegenüber den Vätern.

In Deutschland können damit unverheiratete Väter auch ohne Zustimmung der Mutter das gemeinsame Sorgerecht beantragen. Österreichischen Vätern wird die gemeinsame Obsorge, sofern sie nicht vereinbart wurde, hingegen verwehrt. Noch.

Verfahren auch gegen Österreich

Das könnte sich bald ändern, denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte schon vor dem besagten Urteil entschieden, dass die deutsche Sorgerechtsregelung gegen das Diskriminierungsverbot und das Recht auf Achtung des Familienlebens verstoße, und ein ähnliches Verfahren gegen Österreich ist noch anhängig. Wann ein Urteil fallen wird, ist derzeit noch nicht bekannt.

SPÖ-Ministerin Heinisch-Hosek sieht trotzdem noch keinen Reformbedarf im Obsorgerecht. Zwar müsse man zwischen ledigen, verheirateten und geschiedenen Vätern unterscheiden. Aber für alle drei Fälle sei die Rechtslage in Österreich "absolut ausreichend", bekräftigt sie gegenüber Ö1. Um unverheiratete Väter zu stärken, setzt sie auf mehr Information für die Betroffenen. Ein "Infoblatt" solle verpflichtend am Standesamt darüber informieren, dass in Lebensgemeinschaft eine gemeinsame Obsorge möglich ist. Die Zustimmung der Mutter soll jedoch trotz Informationspflicht erforderlich bleiben.

"Recht auf beide Eltern"

Für Bandion-Ortner, parteifreie Justizministerin auf ÖVP-Ticket, ist dies nur ein erster Schritt. Es müsse "unehelichen Vätern" ermöglicht werden, "leichter elterliche Verantwortung wahrzunehmen". Eine automatische gemeinsame Obsorge beider Elternteile ist für die Justizministerin durchaus vorstellbar und wünschenswert. "Kinder haben ein Recht auf beide leiblichen Elternteile, auch wenn die Eltern getrennt und nicht miteinander verheiratet sind. Der natürliche Zustand ist die gemeinsame Obsorge. Nur wenn es dem Wohl des Kindes abträglich ist, soll einem Elternteil die Obsorge entzogen werden."

Damit scheint sie durchaus im Sinne der Volkspartei zu sprechen. Familienstaatssekretärin und Wiener ÖVP-Chefin Christine Marek hatte sich schon Ende Juni für eine stärkere Inanspruchnahme der gemeinsamen Obsorge nach Scheidungen und mehr Väterbeteiligung ausgesprochen. Dabei könne es "ohne weiteres in Richtung verpflichtende gemeinsame Obsorge" gehen, hatte sie damals gemeint.

Protestierende Väter

"Krass ungerecht" findet zum Beispiel Martin Stiglmayer vom Verein "Väter ohne Rechte" die gültige Gesetzeslage. Als betroffener Vater fordere er schon lange ein gemeinsames Sorgerecht von Vater und Mutter nach einer Trennung. Den Vorschlägen von Bandion-Ortner erwartungsgemäß viel abgewinnen. (red, derStandard.at, 9.8.2010)