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Mit dem Laptop im Hohen Haus: Der Grüne Peter Pilz macht auch online Politik. Seine Liveberichte aus heiklen Sitzungen führten zu einigen Wickeln im Parlament.

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Wien - Der Vergleich war rasch angestellt. Ein gutes Jahr, nach dem Barack Obama in den USA vorgezeigt hatte, wie man das Internet für eine Präsidentschaftskampagne nutzt, verkündete Heinz Fischer in einer Online-Videobotschaft, dass er wieder für die Hofburg kandidiert - nach dem Motto: Wenn schon die Botschaft nicht überraschend ist, dann wenigstens ihre Verpackung. Freilich: Ein 70-Jähriger, der unterwegs von seinem iPhone aus Facebook-Statusmeldungen tippt, wäre wohl kaum glaubhaft erschienen. Also wählten die Hofburg-Strategen einen Kniff: Nicht der Kandidat, sondern sein unmittelbares Umfeld betreute seinen Internet-Auftritt. So hieß etwa Fischers Twitter-Kanal nicht "heifi", sondern "beifi" - bei Fischer.

Die Fischer-Kampagne war der Versuch, die Ideen aus Amerika ins Österreichische zu übersetzen. "Shopping-Modell" nennen Kommunikationswissenschafter dieses Herauspicken einzelner Tools. Besonders eifrig shoppt die Wiener SPÖ. So gibt es etwa nach dem Vorbild von my.barackobama.com, einer Art Facebook für Obama-Unterstützer, gibt es ein eigenes "redbook", via dem sich rot-affine Wiener im Wahlkampf zusammenschließen sollen.

Eher konservativ geht die ÖVP das Thema Internet an. Parteichef Josef Pröll selbst kam mit Social Media bisher nur durch den "Superpraktikanten" in Berührung, als die Partei Ende vergangenen Jahres via Internet für eine Woche einen Begleiter für ihren Chef suchte. Für die Bekanntheit der Kampagne sorgten aber vor allem traditionelle Medien als Kooperationspartner.

"Gute Nacht, Schatz :-)"

Urteilt man nach den Zahlen, so ist FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache der mit Abstand beliebteste Web-2.0-Politiker. Über 50.000 Fans hat seine offizielle Seite auf Facebook; seine private Seite ging offline, nachdem das Magazin Fleisch dokumentiert hatte, wie offenherzig der Politiker dort mit seinem Privatleben umgeht. "Gute Nacht, Schatz :-) Kuss" richtete er seiner Freundin öffentlich auf Facebook aus. Dennoch wird Strache von seinen (weiblichen) Online-Fans angehimmelt. Gleichzeitig polarisiert niemand so wie er: Die Seite "Kann dieser seelenlose Ziegelstein mehr Freunde haben als H.-C. Strache?" hält bei fast 174.000 Unterstützern.

Von solchen Freundes- wie Feindeszahlen kann man beim BZÖ nur träumen. Als Partei mit wenig Geld und noch weniger Mitgliedern versucht das Bündnis zwar, in allen Online-Kanälen präsent zu sein, für langfristige Wählerbindung fehlt dem Internet hierzulande aber (noch) die politische Bedeutung.

Die WWW-affinsten Wähler und Politiker haben die Grünen, die mit einer Fülle von Blogs, Videos, Facebook- und Twitter-Profilen im Netz vertreten sind. Entsprechend ihrer basisdemokratischen Werte versuchen sie, Beteiligung "von unten" zuzulassen. Sie stoßen dabei an ihre Grenzen, etwa als sich im Vorfeld der Listenerstellung für die Wien-Wahl die grünen "Vorwähler" im Internet formierten und der Parteivorstand entscheiden musste, wer von ihnen auch offline in der Partei mitreden darf. Politische Bewegungen außerhalb der Parteien zu unterstützen, ohne sie zu vereinnahmen - auch das versuchen vornehmlich die Grünen, jüngst etwa bei der im Internet organisierten Lichterkette um das Parlament. Denn dass besonders junge Menschen mit Parteien keine Lebens-, sondern Themenpartnerschaften eingehen wollen, wird nirgends so deutlich wie im Netz. (Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 7.8.2010)