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Ayatollah Ahmed Jannati (83) bei einem Freitagsgebet: Der Vorsitzende des Wächterrats behauptet, die USA hätten der iranischen Opposition fünf Milliarden Dollar für einen Umsturz versprochen.

Foto: Reuters

Seit Monaten sitzen hunderte junger Menschen, die seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen am 12. Juni 2009 verhaftet worden sind, hinter hohen Mauern im Evin-Gefängnis im Norden Teherans und warten auf ihre Anklage. Manche sind seit Monaten in Einzelhaft, einige sind krank und bekommen keine Medikamente. Um auf ihre Lage aufmerksam zu machen, sind 17 Häftlinge, hauptsächlich Journalisten und Studenten, vor elf Tagen in einen unbefristeten Hungerstreit getreten. Vier von ihnen mussten inzwischen ins Krankenhaus gebracht werden, weil ihr Zustand kritisch ist.

Warnung vor Kontakt zu Medien

Als ihre Familien versuchten, mit Demonstrationen vor dem Evin-Gefängnis auf das Leiden ihrer Angehörigen aufmerksam zu machen, wurden sie gewaltsam entfernt. Außerdem wurden sie davor gewarnt, mit ausländischen Medien zu sprechen.

Jila Bani-Yaghoub, Frau des verhafteten Journalisten Bahman Ahmadi-Amoyee, die selbst Monate lang im Gefängnis saß, bezeichnete die Situation ihres Mannes als sehr kritisch. Er und drei weitere Gefangene weigerten sich inzwischen auch, Flüssigkeit zu sich zu nehmen, erzählt sie in einem Gespräch. Die Medien im Iran dürfen über den Hungerstreik nicht berichten, obwohl inzwischen Menschenrechtsorganisationen weltweit in Briefen an den Justizchef ihre Sorge geäußert haben.

Auch die beiden Oppositionsführer Mehdi Karrubi und Mir-Hossein Mussavi haben in einem gemeinsamen offenen Brief die unmenschliche Situation in den iranischen Gefängnissen kritisiert, gleichzeitig aber auch die Gefangenen aufgefordert, ihren Hungerstreik zu beenden.

Klage gegen Ayatollah Jannati

Sie haben außerdem den Sprecher des Wächterrates, Ayatollah Ahmad Jannati, wegen Verleumdung geklagt, weil er vergangene Woche beim Freitagsgebet behauptete, dass die Opposition eine Milliarde Dollar von den USA erhalten habe, um die Demonstrationen nach den Wahlen 2009 zu organisieren. Der greise Reaktionär sagte außerdem, dass die Opposition von den USA eine Zusage von fünf Milliarden Dollar für einen erfolgreichen Umsturz habe. Beweise führte er keine an.

Altbekannte Vorwürfe

Es ist nicht das erste Mal, dass die Konservativen mit dem Vorwurf auftreten, die Opposition bekomme Geld vom Ausland. Nicht einmal moderate Konservative nehmen diese Behauptungen ernst. Jannati muss aber nicht befürchten, tatsächlich vor Gericht zu kommen - erst neulich wurde er vom religiösen Führer Ali Khamenei wieder als Mitglied des Wächterrates bestätigt. Nach Ansicht der Opposition war er selbst maßgeblich an der Manipulation der Wahlergebnisse zugunsten Mahmud Ahmadi-Nejads beteiligt. (DER STANDARD Printausgabe, 7.8.2010)