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In sozialen Medien verbreiten sich Informationen mit rasanter Geschwindigkeit. Unternehmen brauchen dafür neue Kommunikationsstrategien.

"Verbieten bringt nichts" lautet die Devise der heimischen Unternehmen für die private Nutzung von Internet und sozialen Netzwerken während der Arbeitszeit. Immerhin sind fast 70 Prozent der österreichischen Internet-User, und das sind knapp 80 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren, aktive Besucher mindestens eines Social Network. Während in den USA jede zweite Firma mit mehr als 100 Mitarbeitern das Surfen in sozialen Netzwerken generell verboten hat, versuchen heimische Unternehmen mit Betriebsvereinbarungen und Guidelines den Umgang zu regeln.

Viele Chancen, kaum Risiken

Über den Nutzen dieser Medien sind sich heimische Führungskräfte durchaus bewusst. Im Web 2.0 werden von Unternehmen derzeit viele Chancen, aber kaum Risiken gesehen, lautet das Ergebnis der österreichischen Web-2.0-Studie unter heimischen Führungskräften im Auftrag der Society for Management & Internet (Somain). Für Erich Morawek, Betreiber der Somain-Plattform, sei das aber eine gefährliche Einschätzung. Durch Web 2.0 können beispielsweise negative Meinungen rasch eine kritische Masse erreichen, dafür brauche es einerseits ein Monitoring, andererseits auch ein neues Krisenmanagement der Unternehmen.

"Web 2.0 muss sich auch in der Unternehmenskultur widerspiegeln", sagt Martin-Hannes Giesswein, Country Manager Nokia Österreich und Mitbetreiber von Somain. Derzeit werde Web 2.0 hauptsächlich für Marketingzwecke eingesetzt. Bei Web-2.0-Anwendungen sei jeder "Prosumer", also Produzent wie auch Konsument so Giesswein – diese aktive Rolle finde sich in der Unternehmenskultur noch kaum.

Mitarbeiter sind Botschafter

"Unsere Mitarbeiter sind durch diese Netzwerke ein verlängerter Kommunikationskanal", erklärt Christian Göttinger, Leiter Talentmanagement und Cultural Change bei A1 Telekom Austria. Als Telekommunikationsunternehmen gehören Social-Media-Plattformen zum Geschäft und sind für die Mitarbeiter nicht gesperrt, aber es gebe eine Guideline. "Es liegt auch in der Verantwortung des Unternehmens, die Mitarbeiter im Umgang mit diesen Medien zu schulen", ergänzt er, "denn sie sind ja auch Botschafter unseres Unternehmens." Im Customer-Service werden diese Kanäle immer wichtiger, so Göttinger.

Seit zwei Jahren befasst sich die Erste Bank mit dem Thema Social Networks, erklärt Christian Hromatka. Von Anfang an war er Teil eines immer größer werdenden Teams aus den Bereichen Kommunikation, Marketing und Human Resources, das an einer dementsprechenden Strategie arbeitet. "Die Zeiten sind vorbei, wo die User auf der Homepage des Unternehmens nach Informationen gesucht haben", erklärt er. Um sich eine Meinung zu bilden, werden andere Kanäle genutzt, so seine Einschätzung. Als Kommunikationsmittel müssen daher diese Plattformen ernstgenommen werden. Ehrlich und transparent kommunizieren und rasch auf Positives wie auf Negatives reagieren sei für Unternehmen ein wesentliches Kriterium bei Web 2.0. Der Zugang wurde auch bei der Erste Bank nicht gesperrt. "Auch deshalb nicht, weil vor allem unsere jungen Kunden nur so erreichbar sind."

Arbeitswerkzeug

Das Internet sei zu einem wichtigen Arbeitswerkzeug geworden und könne daher von allen Mitarbeitern genutzt werden, sagt Georg Westphal, Verbund-Konzernpersonalchef. "Wir haben eine hohe Vertrauenskultur und gehen davon aus, dass während der Arbeitszeit Facebook und Co nur dienstlich genutzt werden." Zu hohe Downloadvolumen würden aber Konsequenzen nach sich ziehen.

"Übertreibt es nicht, dann passiert auch nichts", heißt es bei der Wiener Städtischen. Außerdem gebe es mittlerweile auch andere Möglichkeiten als den Computer am Arbeitsplatz, um im Internet zu surfen und in sozialen Netzwerken während der Arbeitszeit aktiv zu sein, daher sei ein Verbot der falsche Weg, ergänzt Robert Bilek, Personalchef der Versicherung. Dasselbe gilt auch für den unternehmerischen Einsatz. Derzeit werde die Entwicklung genau beobachtet, um auch die Möglichkeiten für das Unternehmen einschätzen zu können, so Bilek.

Um mit der Dynamik mithalten zu können, empfiehlt Giesswein die Einführung einer Beta-Kultur, in der auch Kunden Neues testen können. Dafür müsse auch eine fehlerverzeihende Kultur etabliert werden. Derzeit sei es noch so, dass alles perfekt funktionieren muss. "Bei der Rasanz der Entwicklungen wird das zukünftig kaum mehr möglich sein. Und vom Web 2.0 zum Web 3.0, dem semantischen Web, ist es nur noch ein Schritt." (Gudrun Ostermann/DER STANDARD; Printausgabe, 7./8.8.2010)