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Die Filmdoku Young@Heart aus dem Jahr 2007 begleitete das ehrgeizige Projekt eines Chors betagter Menschen in den USA, die im gemeinsamen Singen und Auftreten einen neuen Lebensinhalt fanden. Ihre Leidenschaft, ihr Engagement, ihr Umgang mit dem Tod berührte, die Selbstironie der dargebrachten Songs mischte die Bitternis des Altwerdens mit einer großen Portion Humor. I wanna be sedated von den Ramones drang da energisch aus durchschnittlich 70-jährigen Kehlen, genauso wie Stayin' alive, Should I stay or shoud I go oder Road to nowhere. Den Song Forever young machte ihre Version zum Gänsehaut auslösenden Manifest der Vergänglichkeit.

Foto: Archiv

Die Leute von Sat.1 haben den Film auch gesehen: Am Mittwochabend startete Rock statt Rente, eine Soap, die sich von Young@Heart inspirieren ließ. Inspirieren von der Idee, nicht vom Stil der Doku: Die gecastete Truppe sympathischer, rüstiger Rentner versammelte sich, um die Dramatik des Alters mit der billigen Machart von Reality-TV-Formaten der unteren Kategorie konterkarieren zu lassen. War es im Film noch eine feine selbstironische Klinge, die aus der Songauswahl sprach, schlägt in der Soap das Breitschwert des schlechten Geschmacks zu: Highway to Hell von AC/DC singen zu lassen erscheint nicht einfühlsam, wenn die Senioren offenbar den Text kaum verstehen.

Foto: Sat1/Richard Huebner

Noch schlimmer ist der Umgang mit den Probanden im Begleitkommentar aus dem Off, der die Topoi des Altseins in würdeloser Boulevard-Art zuspitzt und zur Schau stellt. Der späte, inszenierte Aufbruch soll die Zuschauer berühren. Die inadäquate, dümmliche Behandlung der Chormitglieder versucht das zu verhindern. (Alois Pumhösel, DER STANDARD; Printausgabe, 6.8.2010)

Foto: Sat1/Richard Huebner