Klaus Albrecht Schröder ist angetreten, Wien ein "Weltmuseum" zu schenken. Zu welchem Zweck der Direktor den traditionellen Albertina-Begriff populär erweitert und die altehrwürdige Grafiksammlung um großzügige Wechselausstellungsflächen ergänzt hat. Munch "schrie" malerisch zur Eröffnung, und prompt folgten die Massen dem populären Signal.

Die "New Economy" in der Albertina läuft prächtig. Sorgen macht allein das Kerngeschäft. Zu wenig Geld, sagt Schröder, und verkündet, darob den Studiensaal fürs gemeine Publikum zu schließen, die Publikation von Sammlungskatalogen einzuschränken und die angekündigte Schau mit Meisterwerken von Raffael bis Goya - die erste Möglichkeit seit Jahrzehnten, die Prunkstücke des hauseigenen Bestands zu sichten - schlicht abzusagen. Ein Mehr an Subventionen sei ihm seitens des Bildungsministeriums versprochen worden, sagt der Direktor, und darauf basiere auch sein Budgetentwurf. Und wenn nun das Ministerium sein Versprechen nicht hält, so kann auch er sein Programm nicht nach Plan durchziehen. Alles nicht seine Schuld.

Stets betonte Schröder, er würde nur ausstellen, "was die Sammlung verlangt". Jetzt macht er die Sammlung vorübergehend dicht: Weil die paar Hundert Besucher des Studiensaals erheblich mehr kosten, als sie an Einnahmen und Prestige bringen. Weil Munch- oder Klee-Kataloge sich besser verkaufen als Sammlungsverzeichnisse. Weil in Schröders Erfolgsbilanzen noch nie eine Krise vorgesehen war. Der Direktor ist jetzt nur untadelig konsequent. Er wirft den Ballast über Bord.

So ändert eben nicht die Kunst die Einstellung der Menschen zur sozialen Wirklichkeit. Vielmehr diktieren die real existierende Vollrechtsfähigkeit und ihre Vollstrecker die Aufgabe der Idee vom Kunstmuseum als freiem Erkenntnisraum. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.4.2003)