Wien - Bakterien werden immer häufiger eingesetzt, um mit bestimmten Giftstoffen verschmutzte Böden oder Wasser zu reinigen. Für fast jede Verbindung - sei sie für Mensch und Tier noch so giftig - existieren Mikroben, die Appetit darauf haben, man muss sie nur finden. Nun isolierten niederländische Wissenschafter einen Bakterienstamm, der etwa das schädliche Dichlorethan - das hauptsächlich bei der PVC-Produktion anfällt - unschädlich macht.

Chlorhältige Abfälle gelten als besondere Sorgenkinder der Industrie. Vielfach sind sie für Mensch und Umwelt bedenklich bis hochgiftig und halten sich teilweise sehr lange in der Umwelt. Laut Wissenschafter der Ghent University/DSM Geleen (Niederlande) entlässt die PVC-Industrie jährlich 137 Tonnen der Chlorchemikalie 1,2-Dichlorethan (1,2-DCA) quasi in den Untergrund, also in Böden und Grundwasser. 1,2-DCA hat eine Halbwertszeit von 50 Jahren in der Umwelt, der Stoff steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Bisher habe es keine Möglichkeit gegeben derart verseuchte Böden mittels Bakterien effizient zu reinigen.

Gefunden

So suchten die Forscher speziell in mit 1,2-DCA verschmutzen Gegenden und wurden prompt fündig. Der Stamm DCA1 aus der Gattung "Desulfitobacterium" zeigte genau die erwünschten Eigenschaften. Er inhaliert im sauerstoffarmen Milieu des Bodens die Chlorverbindung wie unsereins Sauerstoff und gewinnt auch noch Energie daraus.

Da es ohne das Zutun des Menschen praktisch keine Chlorverbindungen in größeren Mengen in der Umwelt gibt, nehmen die Wissenschafter an, dass die Bakterien ihren Appetit auf die Chemikalie erst in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt haben. In Bakterien verläuft die Evolution wesentlich schneller als etwa beim Menschen, daher klingt die Theorie durchaus plausibel. Einen Evolutionsschritt, für den der Mensch rund 300.000 Jahre bräuchte, schaffen Bakterien in rund 30 Jahren. (APA)