Wien - Sechs Stunden lang saß das inhaftierte Mädchen strafweise in einer "kleinen, dunklen Zelle" ein. "13 Quadratmeter groß", "ohne Türknauf" und "nur mit einem erhöhten Schlafpodest ausgestattet" war der Raum. Die auf Besichtigungstour befindlichen Mitglieder des Komitees zur Verhinderung von Folter (CPT) des Europarats fanden ihn "inakzeptabel": 1999, in einem Jugendlichenanhaltezentrum in Riga, Lettland.

Die Inspekteure forderten rasche Abhilfe. Sie waren erfolgreich. "Die lettische Regierung hat Disziplinarhaft von Jugendlichen in diesen Zellen per Dekret untersagt", schildert Heinz Patzelt, österreichischer Generalsekretär von Amnesty International.

Einen ähnlichen Erlass, so Patzelt, erwarte er sich jetzt "von Seiten des heimischen Justizministeriums". Letzten Endes lieferten die Schilderungen von der Absonderung Jugendlicher im Erwachsenentrakt der Wiener Justizanstalt Josefstadt (DER STANDARD berichtete) ein "noch problematischeres" Bild als jene der Disziplinarhaft in Riga.

Nur fünf bis sechs Quadratmeter große Zellen ohne Fenster, mit einem Loch für die Notdurft und nicht mehr als einer Matratze als Einrichtung: "Eine solche Unterbringung widerspricht sowohl den Gefängnisregeln des Europarats als auch den Minimalstandards für die Behandlung von Gefangenen und den Regeln für den Schutz von inhaftierten Jugendlichen der Vereinten Nationen", zählt der Amnesty-Generalsekretär auf.

Fenster und Frischluft

Weil Räume für Disziplinarhaft - bei Jugendlichen wie bei Erwachsenen - "auf alle Fälle ein Fenster aufweisen" müssten. Nämlich eines, das "natürliches Tageslicht" in den Raum lasse. Und frische Luft von draußen: "Eine Klimaanlage allein genügt nicht".

Auch, dass Jugendliche in der U-Haft wie im Strafvollzug von Erwachsenen getrennt einsitzen sollten, ergebe sich aus den Minimalstandard der Vereinten Nationen. "Im Grunde", so Patzelt, "wäre ich nicht im Traum darauf gekommen, dass Einzelhaft für Jugendliche im Erwachsenentrakt in einem Staat wie Österreich möglich ist". (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 23.4.2003)