Wien - Die Galgenfrist für den insolventen deutschen Elektronikkonzern Grundig und sein Wiener Werk läuft im Juni aus. Bis dahin müsse ein "klares Konzept" gefunden werden, "sonst muss Grundig zusperren", hieß es aus der Metallergewerkschaft am Mittwoch. Entscheidend sein dürfte, ob der Grundig-Konzern bis dahin einen Käufer findet. Gibt es den bis Juni nicht, werde es auch in Wien keine Produktion mehr geben, so ein Gewerkschaftsvertreter.

Im Wiener Grundig-Werk arbeiten noch rund 850 Mitarbeiter. Sie warten derzeit noch auf ihre Märzlöhne und -gehälter, die Ende des Monats fällig würden. Nach dem geplanten Insolvenzantrag von Grundig Austria am 2. Mai soll nächstes Monat der Insolvenzausfallfonds einspringen, der laut Gewerkschaft derzeit ausreichend gefüllt ist. Spätestens Mitte Mai sollen die Gelder fließen. Aus dem Fonds sind die Lohnzahlung für die Monate März, April und Mai gedeckt. Ab Juni muss das Unternehmen zumindest die österreichischen Löhne wieder selber zahlen.

Insolvenzgeld

In Deutschland fließt das Insolvenzgeld laut Konzernsprecher Holm Kilbert noch bis 30. Juni. Bis dahin muss auch im Konzern die Finanzierung geklärt werden, sonst ist das Unternehmen neuerlich zahlungsunfähig.

Findet der Grundig-Konzern einen Käufer - derzeit wird, wie berichtet, mit der türkischen Beko verhandelt - geht Grundig Austria-Betriebsrat Gottfried Nusser davon aus, dass dieser in den nächsten eineinhalb Jahren auch auf die Wiener TV-Geräteproduktion angewiesen wäre. In der Zwischenzeit soll über einen Verkauf des Wiener Werks verhandelt werden. Laut "Kurier" gibt es derzeit zwei österreichischen Interessenten - einer davon der Industrielle Mirko Kovats, der allerdings schon einmal mit seinen Einstiegsplänen bei Grundig Austria gescheitert ist.

Grundauslastung

Entscheidend für die Verhandlungen, heißt es aus der Gewerkschaft, werde sein, ob der Grundig-Konzern einem möglichen Käufer des Wiener Werks eine vorübergehende Grundauslastung zusichern könne. Ohne die werde sich wohl kein Käufer finden, meint man in der Gewerkschaft. Laut früheren Angaben muss das Werk monatlich mindestens 70.000 Fernseher produzieren, um profitabel wirtschaften zu können.

Derzeit steht die Produktion wegen Materialmangel still. Die Wiederaufnahme des Betriebs ist für 5. Mai geplant. Die Verhandlungen mit den deutschen Grundig-Vertriebsgesellschaften über eine Material-Vorfinanzierung dürften sich aber äußerst schwierig gestalten, da diese derzeit lediglich für rund 25.000 TV-Geräte vorfinanzieren wollen.

Laut Betriebsrat ist nach der Insolvenz auch eine Zwischenfinanzierung durch die Banken denkbar. Nach Meinung von Experten ist die Gewährung von Überbrückungskrediten nach der Insolvenz zumindest "leichter möglich". Derzeit ist dies aber noch kein Thema.(APA)