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Naomi Campbell hat Diamanten bekommen, kann sich aber nicht erinnern von wem.

Foto: AP/Special Court for Sierra Leone

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Großer Medienandrang in Den Haag

Foto: Reuters/Fahad Shadeed

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Quelle: APA

Das britische Topmodel Naomi Campbell hat vor dem Kriegsverbrechertribunal gegen Liberias Ex-Präsident Charles Taylor bestätigt, dass sie 1997 Diamanten bekommen hat. Sie wisse aber nicht, ob sie direkt von Taylor stammen.

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Den Haag/London - Das "Sondertribunal für Sierra Leone" am Internationalen Gerichtshof in Den Haag war bisher eine wenig besuchte Veranstaltung. An diesem Donnerstag aber platzte der Saal aus allen Nähten. Im Prozess gegen Charles Taylor, den Ex-Präsidenten des westafrikanischen Staates Liberia, dem elf Fälle von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden, war die Zeugenaussage des britischen Supermodels Naomi Campbell anberaumt. Glamour und Kriegsverbrechen, die Schöne und der Schlächter: für die Weltöffentlichkeit eine offenbar unwiderstehliche Mischung.

Naomi Campbell war vorgeladen worden, weil die Anklage eine Verbindung zwischen Charles Taylor und sogenannten Blutdiamanten nachweisen will, also in Sierra Leone geschürfte Rohdiamanten, die für die Finanzierung des Bürgerkriegs verwendet wurden, dem zwischen 1991 und 2002 mehr als 120.000 Menschen zum Opfer fielen. Taylor soll den Rebellen der Revolutionary United Front (RUF) Waffen im Gegenzug für diese Edelsteine geliefert haben und somit Verantwortung für die grausamen Verbrechen des Bürgerkriegs wie Massenverstümmelungen, Massaker oder Massenvergewaltigungen tragen.

Beutel mit Steinen

Taylor behauptet, nichts mit Blutdiamanten zu tun gehabt zu haben, obwohl Campbell welche von ihm bekommen haben soll. Das behaupten zumindest die Schauspielerin Mia Farrow und die Ex-Agentin Campbells, Carole White. Bei einem Dinner im September 1997, das der südafrikanische Präsident Nelson Mandela ausrichtete, soll Campbell auf Taylor getroffen sein. Noch in der Nacht hätte Boten an die Tür ihres Schlafzimmers geklopft, einen Beutel mit Diamanten überreicht und gesagt, sie kämen von Taylor.

Das habe ihr die Britin am Morgen danach beim Frühstück erzählt, so Farrow. Naomi Campbell hatte bisher in zwei Interviews darauf bestanden, keine Diamanten von Taylor empfangen zu haben. Vor Gericht präzisierte sie ihre Aussage. Tatsächlich hätten zwei Männer in der Nacht an ihre Tür geklopft und einen Beutel als Geschenk überreicht, allerdings nicht gesagt, von wem das Geschenk käme. Sie hätte erst am nächsten Morgen hineingeschaut und "zwei oder drei schmutzige Steine" darin entdeckt.

Beim Frühstück hätten Farrow und White gesagt, dass es sich "offensichtlich um Diamanten" handle und sie "offensichtlich von Taylor" kämen. Campbell habe die Steine an Jeremy Ratcliffe, den Geschäftsführer des Kinderhilfswerks "Nelson Mandela Children's Fund", weitergereicht und gesagt, er solle sie zu wohltätigen Zwecken verwenden. Vor einem Jahr habe sie ihn angerufen und gefragt, was aus den Steinen geworden sei. Ratcliffe habe gesagt, dass er sie noch immer habe.

Naomi Campbell weiß von nichts

Ein Sprecher der Nelson Mandela Children's Fund erklärte nach Campbells Aussage am Donnerstag, die Stiftung habe die Diamanten nie erhalten. Die Organisation habe zudem vergebens versucht, Kontakt zu Ratcliffe aufzunehmen, der derzeit in der Stiftungsverwaltung tätig sei.

In ihrer Aussage vor dem UN-Tribunal wies Campbell Angaben ihrer damaligen Agentin Whites, wonach das britische Supermodel bei der Feier neben Taylor gesessen und mit ihm geflirtet habe, zurück. Sie habe zwischen Mandela und dem Musikproduzenten Quincy Jones gesessen, sagte sie. "Ich hatte niemals zuvor von Charles Taylor gehört, niemals vorher vom Land Liberia gehört und niemals den Begriff 'Blutdiamanten' gehört."

Courtenay Griffiths, der Anwalt von Taylor, zerpflückte prompt die Versuche der Anklage, seinen Mandanten mit den Diamanten in Verbindung zu bringen, da sie allein auf den Mutmaßungen von Farrow und White beruhen würden. Dann wies er auf eine Reihe von Details in deren Zeugenaussagen hin, die sich nicht mit Campbells Geschichte decken.

"Ist es richtig, dass diese Frau ein starkes Motiv hat, über Sie zu lügen?", fragte Courtenay die Britin. "Korrekt", antwortete Campbell knapp. Carole White ist zur Zeit in einen Rechtsstreit mit Campbell verwickelt. Am Montag wird die Schauspielerin Mia Farrow zu den Ereignissen jenes Dinnerabends im September 1997 befragt werden. (Jochen Wittmann/DER STANDARD, Printausgabe, 6.8.2010)