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Die EZB wird laut Experten keine Zinswende vor Ende 2011 wagen.

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London - Trotz der Konjunkturerholung wird die Zinswende in der Euro-Zone nach Ansicht von Experten erst Ende 2011 kommen. Im Schnitt sagen von Reuters befragte Volkswirte eine Erhöhung des Schlüsselzinses für das dritte Quartal des nächsten Jahres voraus. Demnach wird der Leitzins dann wahrscheinlich um einen Viertelprozentpunkt auf 1,25 Prozent steigen. Keiner der Fachleute rechnet für dieses Jahr mit einer Straffung der Geldpolitik der EZB.

Bei deren Ratssitzung heute, Donnerstag, war demnach keine Änderung zu erwarten. Der Leitzins bleibt auf einem Rekordtiefstwert von 1,0 Prozent.

Die EZB geht nun nach drei Jahren globaler Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise zum ersten Mal wieder vorsichtig optimistisch in die Sommerpause. Die Konjunktur in der Euro-Zone habe im zweiten Quartal angezogen und werde diesen positiven Trend wohl auch über den Sommer retten können, sagte Notenbankchef Jean-Claude Trichet nach der Sitzung des EZB-Rats in Frankfurt.

"Aber wir müssen vorsichtig bleiben. Ich erkläre den Sieg noch nicht." Das zweite Halbjahr werde schwächer ausfallen als die erste Jahreshälfte. Zufrieden äußerte sich der Franzose über den Verlauf des Bankenstresstests vor zwei Wochen und die Lage am Geldmarkt. Der Test habe dazu beigetragen, dass das Vertrauen der Banken untereinander und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Leistungsfähigkeit des Finanzsektors wieder zugenommen habe. "Der Stresstest war umfassend und hart, und die Ergebnisse bestätigen die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems in der EU und der Euro-Zone als Ganzes bei wirtschaftlichen und finanziellen Schocks."

Lage am Geldmarkt entspannt

Auch die Lage am Geldmarkt - der in der Krise nur durch massive Liquiditätsspritzen der Notenbank am Leben erhalten werden konnte - habe sich inzwischen merklich entspannt, sagte Trichet. "Das Volumen am Geldmarkt hat sich sehr signifikant erhöht, man könnte sagen, verdoppelt. Dennoch ist es keine normale Situation, aber es geht eindeutig in die richtige Richtung." Trichet kündigte an, dass die EZB im September entscheiden will, ob sie den Interbankenmarkt weiter stützen wird. Sie hat den Instituten bisher bis Oktober zugesichert, dass sie sich unbegrenzt bei ihr Liquidität besorgen können.

Bereits vor der EZB hatte am Mittag die Bank von England ihren Leitzins bei einem Prozent belassen. Die Briten stecken derzeit in der Zwickmühle zwischen anhaltend niedrigem Wachstum und recht hoher Inflation. In der kommenden Woche entscheidet die US-Notenbank Federal Reserve über ihren weiteren Kurs. In den USA ziehen derzeit immer mehr dunkle Konjunkturwolken auf. Experten halten es deshalb nicht für ausgeschlossen, dass Fed-Chef Ben Bernanke nicht nur seinen Nullzinskurs fortsetzt, sondern sogar weitere geldpolitische Lockerungen in Erwägung zieht. (Reuters/rb)