Den Haag/Pristina/Belgrad - Der frühere kosovarische Premier Ramush Haradinaj hat vom UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) seine Freilassung aus dem Gefängnis bis zum Prozessbeginn beantragt. Das Haager Gericht hatte am 21. Juli in zweiter Instanz beschlossen, das Verfahren gegen den ehemaligen Befehlshaber der "Befreiungsarmee des Kosovo" (UCK) und zwei Mitangeklagte zum Teil zu wiederholen.

Wie die Anwälte Haradinajs in dem Antrag auf die vorläufige Freilassung ihres Mandanten angaben, habe sich Haradinaj am 19. Juli der EULEX-Rechtsstaatsmission in Prishtina (Pristina) freiwillig gestellt, nachdem vom UNO-Tribunal seine Festnahme beantragt worden sei. Die Verteidigung gab im Antrag laut der Belgrader privaten Presseagentur Beta auch an, dass die vorläufige Freilassung des früheren kosovarischen Regierungschefs keine Gefahr für die Zeugen und Opfer darstellen werde. Auch gebe es keine Fluchtgefahr.

Kriegsverbrechen

Der Prozess gegen Haradinaj und zwei Mitangeklagte soll in sechs von insgesamt 37 Anklagepunkten wiederholt werden. Sie betreffen zwischen März und September 1998 begangene Kriegsverbrechen an Inhaftierten in einem Gefangenenlager der UCK im Dorf Jablanica bei Decani im Westen des Kosovo. In der Anklage werden Haradinaj und den zwei Mitangeklagten Morde, brutales und unmenschliches Verhalten sowie Verstöße gegen die Kriegsgepflogenheiten vorgeworfen.

Das UNO-Tribunal beschloss im Juli, dass der Prozess in erster Instanz nicht gerecht gewesen sei, da der Tribunalssenat nicht genügend Anstrengungen unternommen habe, zwei Kronzeugen der Anklage anzuhören. Diese hatten es abgelehnt, vor dem UNO-Tribunal auszusagen, und hatten dies mit "Einschüchterungen" begründet.

Haradinaj ist der ranghöchste Kosovo-Albaner, der sich vor dem UNO-Tribunal verantworten musste. Er ist Chef der oppositionellen "Allianz für die Zukunft des Kosovo" (AAK). Er war er im April 2008 vor dem UNO-Tribunal in erster Instanz von Vorwürfen der Kriegsverbrechen freigesprochen worden. (APA)