Moskau/Wien – Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat angesichts der schweren Brände in sieben Regionen Russlands den Notstand ausgerufen. Bisher sind mindestens 36 Menschen in der Feuerwalze ums Leben gekommen. Die stärkste Hitzewelle seit dem Beginn der russischen Wetteraufzeichnungen vor 130 Jahren begünstigt das Ausbrechen von immer neuen Brandherden in den Wäldern.

Hälfte Kärntens brennt

Am stärksten wüten die Brände in den zentralrussischen Gebieten Moskau, Nischni Nowgorod, Wladimir, Woronesch und Rjasan, sowie in Mordwinien und Marij-El im Osten des Landes. Die 7000 Brände sind sogar auf Satellitenbildern zu sehen. Gegenwärtig brenne eine Fläche von rund 500.000 Hektar, sagte der Einsatzleiter Wladimir Stepanow. Das entspricht etwa der Hälfte der Fläche Kärntens.

Tausende Häuser sind den Torf- und Waldbränden zum Opfer gefallen. Mehr als 2000 Menschen sind obdachlos. Der russische Regierungschef Wladimir Putin, der ins Katastrophengebiet eilte, versprach den Brandopfern Zuschüsse aus der Staatskasse. Für den Wiederaufbau eines verbrannten Hauses wird höchstens eine Million Rubel (rund 50.000 Euro) bereitgestellt. Die Hinterbliebenen der Brandopfer bekommen rund 25.000 Euro Entschädigung. Russische Nachrichtenagenturen berichten bereits von Dorfbewohnern in der Region Wladimir, die angesichts der hohen Entschädigungszahlungen selbst Brände gelegt haben bzw. nichts gegen das Vorrücken der Flammen unternommen haben. Auch soll es Betrüger geben, die versuchen die Entschädigungszahlungen gleich mehrmals abzuholen.

Feuer bedroht Atomwaffen

Gegen die Flammen kämpfen mehr als 130.000 Mitarbeiter des Katastrophenschutzes, Soldaten und Freiwillige. In der Region Nischni Nowgorod wurde die Anzahl der Einsatzkräfte verzehnfacht, da sich das Feuer der Stadt Sarow, in der sich eine der größten Atomwaffenfabriken befindet, nähert. Wegen der dichten Rauchwolken können keine Löschflugzeuge- und Hubschrauber eingesetzt werden. An die russische Hauptstadt Moskau haben sich die Flammen bisher auf zehn Kilometer angenähert. In den Morgenstunden legte sich erneut ein beißender, harziger Brandgeruch über die Stadt, deren Bewohner derzeit zusätzlich von Temperaturen jenseits der 35 Grad gequält werden. Eine Abkühlung ist nicht in Sicht. Meteorologen prognostizieren für diese Woche das Durchbrechen der 40-Grad-Grenze. (Verena Diethelm, DER STANDARD Printausgabe, 3.8.2010)