Die Analyse der Funde ergab: die Organismen lebten in Kolonien von mehr als 40 Exemplare pro halben Quadratmeter.

Foto: CNRS Photothèque / Kaksonen

Entdeckt wurden die Fossilien in 2 Milliarden Jahre altem schwarzen Schiefergestein im Südosten von Gabun.

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Frankfurt - Mehrzellige Organismen gibt es wesentlich länger als bisher angenommen wurde: Im westafrikanischen Gabun wurden mehr als 250 Fossilien in hervorragendem Zustand entdeckt, die erstmals die Existenz mehrzelliger Organismen vor 2,1 Milliarden Jahren beweisen.

Die ältesten zuvor gefundenen Fossilien mehrzelliger Lebewesen wurden auf 600 Millionen Jahre vor unserer Zeit datiert. Die nun von einer Forschergruppe rund um Abderrazak El Albani von der Universität in Poitiers entdeckten und analysierten Fossilien könnten dazu führen, dass die Urgeschichte des Lebens völlig umgeschrieben werden muss.

Nach bisher bekannten Funden geht man davon aus, dass sich die ersten Lebewesen vor ungefähr 3,5 Milliarden Jahren entwickelten: es handelt sich dabei hauptsächlich um prokaryotische Organismen - zelluläre Lebewesen, die keinen Zellkern besitzen. Die Vielfältigkeit der Lebewesen hat sich erst nach der sogenannten Kambrischen Explosion vor rund 540 Millionen Jahren mit der abrupten Erhöhung der Sauerstoff-Konzentration in der Atmosphäre entwickelt.

Aber schon davor, im Präkambrium, haben sich Vielzeller entwickelt. Allerdings wissen die Biologen noch sehr wenig über diese Zeit. Sie gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung über einen Zeitraum von eineinhalb Milliarden Jahren mehrfach vollzog, sich evolutionär aber nicht durchsetzen konnte.

Zufallsfund im schwarzen Schiefer

Abderrazak El Albani und seine Kollegen stießen 2008 eher zufällig auf 2 Milliarden Jahre alten, im schwarzen Schiefergestein im Südosten von Gabun lagernden, sehr gut erhaltene Fossilien. Von den 250 in der Nähe der Stadt Franceville gefundenen Überresten wurden bereits 100 detailliert analysiert. Die Fossilien sind zwischen 10 und 12 Zentimetern lang und lebten in Kolonien von mehr als 40 Exemplare pro halben Quadratmeter.

Analysen der Schwefelisotope ließen darauf schließen, dass der Kohlenstoff des fossilen Gewebes durch biologische Prozesse entstanden sein muss. Das Mineral Pyrit, das den Organismus ersetzt hat, wurde durch Bakterien gebildet, die sich eher von Sulfaten als von Sauerstoff ernährten. Die Organismen selbst dürften in flachem Ozeanwasser mit freiem Sauerstoff gelebt haben.

Nachbildung in 3D

Dank eines hoch präzisen dreidimensionalen Scanners konnten die Forscher die Exemplare in 3D nachbilden und die innere Struktur detailliert analysieren, ohne ihre Unversehrtheit zu beeinträchtigen. Die komplexe radiale Struktur wird als Beweis für koordiniertes Wachstum interpretiert.

"Ohne ihren geologischen Zusammenhang hätte man die Funde vermutlich ignoriert", schreiben Geowissenschaftler der Universität Bristol in einem Nature-Begleitkommentar. "Aufgrund ihres Alters und der Tatsache, dass man sie mit bloßem Auge erkennen kann, sind sie dennoch äußerst bemerkenswert". Der bislang geschätzte Beginn organisierten vielzelligen Lebens muss durch diesen Fund nun um 1,5 Milliarden Jahre vordatiert werden. (red)