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Sind überzeugt von ihrer Überlegenheit und inhärenten Macht: Narzissten. Ihnen liegt besonders viel an der Unterordnung der Objekte ihrer Begierde, im Falle der vorliegenden Studie: den heterosexuellen Frauen.

Foto: REUTERS/Mike Segar

NarzisstInnen sind Menschen, die sich mehr als nur sehr gern haben. Als Persönlichkeitsstörung klassifiziert, steht Narzissmus für eine Reihe von Verhaltensmustern, die darauf abzielen, uneingeschränkte Bewunderung für die als außergewöhnlich erlebte eigene Person zu generieren. Was aber passiert, wenn Menschen, die sich für Gottes Geschenk an die Welt und ihre Geschöpfe halten, durch ihre Umwelt nicht genügend Bestätigung erfahren? 

Narzisst als Sexist

Der aktuelle Forschungsstand besagt, dass solche als Zurückweisung empfundenen Reaktionen in narzisstisch veranlagten Menschen Aggressionen und Rachegefühle evozieren. Der US-Psychologe Scott W. Keiller von der Kent State University nimmt in einer neuen Studie vor diesem Hintergrund nun männliche Narzissten im Kontext traditioneller Geschlechterrollen ins Visier und fragt, an wem sie ihre Frustration denn am stärksten abreagieren. Seine Ergebnisse, jüngst im Springer-Wissenschaftsmagazin "Sex Roles" veröffentlicht, überraschen nicht: Heterosexuelle Narzissten entwicklen die größten Feindseligkeiten gegenüber den Objekten ihrer Begierde, heterosexuellen Frauen.

Wo Lust, da Frust

Für seine Forschungen hat das Team um Keiller über 100 junge US-Studenten mit Durchschnittsalter von 21 Jahren befragt: Nach dem Ausmaß der narzisstischen Veranlagung und der sexistischen Einstellung gegenüber Frauen, nach traditionellen Geschlechterrollen und bezüglich ihrer Haltung zu Schwulen und Lesben. Jede dieser Gruppen repräsentiert vermeintliche Geschlechterstereotypen, welchen unterschiedlich hohe Potenziale für die Befriedigung männlichen Narzissmus' zugeschrieben wurden. Und wo Potenzial für Befriedigung, da ebensolches für Frustration.

Tatsächlich machen Keillers Forschungsergebnisse eine deutliche Rangfolge nach Sympathie bis Antipathie ersichtlich: Andere Männer, ob nun hetero- oder homosexuell, lösten bei den als narzisstisch aufgefallenen Probanden eher gleichgültige denn negative Gefühle aus; homosexuelle Frauen rangierten auf der Beliebtheitsskala vergleichsweise weit oben, heterosexuelle Frauen am anderen Ende des Spektrums ganz unten. "Offensichtlich hängt diese Feindseligkeit damit zusammen, ob und inwieweit das Gegenüber das Potenzial besitzt, den männlichen Narzissmus zu befriedigen - die sexuelle Orientierung oder die Übereinstimmung mit heterosexuellen Geschlechterrollen spielt eine weniger entscheidende Rolle", schreibt Keiller in "Sex Roles".

Die weniger harsche Einstellung Lesben gegenüber erklärt sich laut Studie darin, dass sie nicht als Bedrohung der heterosexuellen männlichen Macht gesehen werden; sie kommen als Subjekte gar nicht vor, dafür aber als Schau-Objekte: Verglichen mit den Probanden ohne narzisstische Störungen neigten die Narzissten eher dazu, Lesben für sexuelle Fantasien zu objektivieren. Insofern könne laut Keillers Ergebnissen keine Relation zwischen Narzissmus und größerer Akzeptanz gegenüber Homosexuellen gezogen werden, nur weil sie als Feindbilder wegfallen.

Bitte keine Gleichberechtigung

Das einseitig geprägte Begehren spielt laut Studie eine wesentliche Rolle bei der Herausbildung der sexistischen Einstellung gegenüber heterosexuellen Frauen: Narzissten wollen nicht zuletzt auf der Suche nach sexuellem Vergnügen in ihrer Rolle als mit patriarchalischer Macht und Ansehen ausgestatteter Mann Bestätigung bis Bewunderung erfahren. Bleibt diese aus, bleibt vom Begehren nicht viel mehr als eine negative Erfahrung im seelischen Köfferchen, die sich im Laufe subsummiert, bis die einzelnen Verursacherinnen als Gruppe und Feindbild deutlich zu Tage treten.

Das Resultat ist mitunter bis zur Misogynie ausgeformter Sexismus, resümiert Keiller über die Einstellung narzisstischer Männer, die sich heterosexuelle Beziehungen eher patriarchalisch denn gleichberechtigt gestaltet wünschen: "Der Wunsch nach Überlegenheit und Macht ist sicherlich allen narzisstischen Menschen eigen, heterosexuellen Männern dieses Typus liegt aber besonders viel an der Unterordnung heterosexueller Frauen." (bto/dieStandard.at, 19.8.2010)