Eva Grubingers Fotografien entstanden in ihrer Ausstellung in der Frankfurter Schirn: alltägliche Architektur, der Machtstrukturen eingeschrieben sind

Foto: Kühn

Wien - Ein Blick auf das eigene Portfolio wies auch in der Galerie Engholm ein Übergewicht männlicher Künstler aus. Um diesem eigentlich unerklärlichen Umstand etwas entgegenzusetzen, haben Anna Ebner und Kerstin Engholm ein bereits länger gehegtes Vorhaben umgesetzt: eine Ausstellung, die ausschließlich Arbeiten von Künstlerinnen zeigt und beweist, dass sich das beliebte "Lebt und arbeitet"-Format durchaus in einer Galerie realisieren lässt.

Fünfzehn Künstlerinnen unterschiedlicher Generationen (Anna Artaker / Lilla Khoór, Renate Bertlmann, Marita Fraser, Eva Grubinger, Kathi Hofer, Birgit Jürgenssen, Tatiana Lecomte, Ulrike Lienbacher, Lone Haugaard Madsen, Lisa Ruyter, Patricia Reinhart, Eva Schlegel, Maja Vukoje und Astrid Wagner) versammelt die Schau, die durch eine zufällige Laune fast durchwegs Schwarz und Weiß geraten ist und dadurch einen ästhetischen Zusammenhalt erhält. Die einzigen Farbtupfer finden sich - im Wortsinn - auf den Montagen von Marita Fraser, die Formalismen und Materialgebrauch untersucht.

Ein weiterer Farbklecks ist ein blauer Stofffetzen in der Installation von Lone Haugaard Madsen. Madsen, die ihre eigene Position im Kunstbetrieb reflektiert, hat das Gemälde eines Freundes, der das Malen aufgegeben hat, in ihre Installation aus (Vor-)Gefundenem integriert. Sein Scheitern macht sie zum Teil ihrer Auseinandersetzung mit dem Kunstbetrieb.

Zu den subtilen Analysen zählen auch die Arbeiten von Kathi Hofer, deren künstlerischen Rechercheprojekte oft Repräsentationsmodi untersuchen. Recherchen, für die auch Anna Artaker stets eindringliche ästhetische Darstellungsformen findet. Gemeinsam mit Lilla Khoór hat sie in neunzehnhundert ötvenhat Bilder aus dem Film Sissi - die junge Kaiserin (Ernst Marischka, 1956), der vorgibt, in Ungarn zu spielen, Fotografien aus der Ungarischen Revolution gegenübergestellt: in einem Leporello wechseln sich die Bilder ab. Zur siegreichen Geste des erhobenen Kaiserschwertes gesellt sich der gestürzte Kopf einer Stalin-Statue; zu Karlheinz Böhm als einreitendem Kaiser kommt das Bild eines einrollenden Panzers.

Auch deutlich feministische Haltungen sind in der Schau anzutreffen: mit Birgit Jürgenssen und Renate Bertlmann, zwei lange unterbewerteten Künstlerinnen. Während Jürgenssen auf poetische Art mit Rollenbildern spielt, setzt Bertlmann eine drastische Bildsprache ein, die die strukturelle Gewalt gegen Frauen in gewaltvolle Symbole übersetzt.

Ulrike Lienbacher zählt zur nächsten Generation und nutzt den weiblichen Körper als Austragungsort psychischer und gesellschaftlicher Prozesse. Zwölf Frauen, die ihren Körper mit fast krampfhafter Geste und einem reinen weißen Tuch bedecken, bringen das Inakzeptable der Nacktheit zum Ausdruck. (Anne Katrin Feßler/ DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2010)