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Präsident Bashir wird des Genozids beschuldigt.

Foto: APA/EPA/Dhil

Den Haag/ Wien - Nach Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit soll sich der sudanesische Präsident Omar al-Bashir nun auch wegen Völkermords in der Krisenprovinz Darfur verantworten: Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag weitete am Montag den bestehenden Haftbefehl auf Genozid aus. Bashir werde Völkermord in drei konkreten Fällen vorgeworfen, gab der Strafgerichtshof in einer Erklärung bekannt.

Damit folgte das Gericht im zweiten Anlauf der Einschätzung von Chefankläger Luis Moreno-Ocampo. Die Anklage hatte Berufung eingelegt, nachdem die Vorverfahrenskammer im März 2009 den Vorwurf des Völkermords nicht in den ersten Haftbefehl aufgenommen hatte. Zur Begründung hatte es damals geheißen, für einen Genozid-Vorwurf lägen nicht ausreichend Beweise vor.

Der neue Haftbefehl bezieht sich laut Mitteilung des ICCauf Verbrechen gegen die drei größten Stämme in Darfur: die Fur, die Masalit und die Zaghawa. Zu den Vorwürfen zählt demnach Genozid durch Tötungen, schwere körperliche und psychische Schädigungen und durch die bewusste Schaffung von Lebensbedingungen, die die Zerstörung der Stämme zum Ziel hätten.

Bashir ist das erste amtierende Staatsoberhaupt, das der Internationale Strafgerichtshof zur Rechenschaft ziehen will. Trotz der Vorwürfe war Bashir erst im April in einer von der Opposition überwiegend boykottierten Wahl im Amt bestätigt worden. Khartum erkennt den Strafgerichtshof nicht an.

Hunderttausende Tote

Nach UN-Schätzungen sind in Darfur seit Beginn des Aufstandes von Rebellengruppen gegen die Regierung 2003 rund 300.000 Menschen getötet worden, viele bei Armeeangriffen gegen die Zivilbevölkerung. Der ICC ermittelt auch gegen Rebellenvertreter.

Zuletzt haben sich Mitte Juni zwei wegen Kriegsverbrechen gesuchte Rebellenführer dem Gerichtshof gestellt. Abdallah Banda Abakaer von der "Sudanesische Befreiungsarmee - Einheit" und Saleh Mohammed Jerbo von der "Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit" (Jem) sollen als Kommandanten für einen Angriff auf Friedenstruppen Darfur verantwortlich sein. Dabei waren im September 2007 zwölf Soldaten der Afrikanischen Union getötet und acht verletzt worden. Sie sitzen in Untersuchungshaft.

Wegen desselben Angriffs wird in Den Haag bereits seit 2009 dem Jem-Rebellenführer Bahr Idriss Abu Garda der Prozess gemacht. Auch er hatte sich dem Gerichtshof gestellt. (raa/DER STANDARD, Printausgabe, 13.7.2010)