Spring and the Land: "Outside my Window" (EarlyMorningMelody/Hoanzl 2010)

Foto: EarlyMorningMelody

Als die zwei Steirer Jaques Bush und Marino Acapulco alias "Dogboy" 2002 ihr Elektropop-Album "Watersports" veröffentlichten, steckte das Internet zwar schon lange nicht mehr in den Kinderschuhen, YouTube, MySpace und Co harrten aber noch ihrer Erfindung. Vielleicht mit ein Grund dafür, dass die beiden Hundsbuben ihren Bekanntheitsgrad nicht über einen kleinen Insiderkreis hinaus erweitern konnten. Dogboy tummelten sich zu diesen Zeiten in erster Linie in gängigen elektronischen Genres mit erkennbarem Hang zum Songwritertum. Von Electropop über Dancefloor bis Folk - das Spektrum der Mannen war salopp gesagt vielfältig. Nun, die Zeiten haben sich bekanntlich geändert und werden dies bis in alle Ewigkeit weiter tun.

Der steirische Spirit

"Para Recordings", das damalige Label von dogboy und villalog mutierte mittlerweise zu Early Morning Melody. Aus "Dogboy" wurde 2009 "Spring and the Land" und aus dem Elektropop rockige Folk-Pop-Balladen. YouTube kennt und nutzt heute jedes Kind. Und die beiden ehemaligen Hundsbuben nutzen die Gunst der Stunde und die neuen Technologien, um sich in der Gunst der internetaffinen Jungmenschen - die sich nachgerade hartnäckig mit nostalgischen Anstrichen à la Beatles und Co beeindrucken lassen - emporzuarbeiten. Nach Jahren der kreativen Zurückgezogenheit und vieler Stunden im steirischen Studio ließ man 2009 "The Outside" auf das mittlerweile vermutlich ein bisschen entwöhnte Publikum los. Die sieben Jahre zwischen den beiden Veröffentlichungen verstrichen ganz offensichtlich nicht um ihrer selbst willen. Für "Outside my Windows" - Special Vinyl mit Etching vom Feinsten - konnten die Grazer aus dem Vollen schöpfen. Mit an Bord: US-Indie-Mastermind Kramer (shimmydisc, noise/ny). Der hat sich schon mehrfach durch seine Machwerke ausgezeichnet und arbeitete unter aderem mit Galaxie 500, Will Oldham und den LowFi-Pionieren Low. Auch seine Band Bongwater ist Indieliebhabern ein Begriff.

Mit Leichtigkeit in den Abgrund

Bush und Acapulco erzählen von der Liebe und der Einsamkeit - wie viele andere vor ihnen und ziemlich sicher ebensoviele nach ihnen auch. Ganz abgrundtief hoffnungslos ist der Kosmos der beiden Herren im besten Alter von 35 und 40 aber nicht. "The Outside" kommt als fröhlich flotter Opener daher: Ein Spaziergang im Regen mit den Einkaufssackerln über dem Kopf. Was kann einem in so einer Gewandung das Wetter schon anhaben. Das ungefähr ist der Spirit der zwei Männer, die nicht allzugern allzuviel Einblick in ihr steirisches Leben geben. Ein bisschen Geheimniskrämerei hat aber - wie man weiß - in der Musikwelt noch nie geschadet. Nicht selten erweist sich das nicht Gesagte als der beste Stoff, aus dem die Mythen wachsen und gewoben sind. "Who will applaud", fragen die Buben vorwitzig in ihrem zweiten Song. Kein Zweifel, von uns gibt es Beifall. Und die Welt steht in unbeständigen Zeiten wie diesen gerade originellen, geschichtenerzählenden Landeiern, die sich irgendwie beiläufig am Rande der Dramen vorbeischummeln, offen.

Goldkehlchen mit Sehnsucht nach Vergangenheit

Bushs Gitarre und sein zerbrechlicher Goldkehlchen-Gesang tragen Lied und Hörer sicher und ein wenig umwölkt an Land und Leuten vorbei. Mit "Dylanesque" folgt eine Hommage an "His Bobness". Eine Sache, die so gelungen ist , dass man meinen könnte, der Meister selbst habe seine Finger mit im Spiel. Hat er aber nicht. Dylan ist nicht der Einzige, der bei "Spring and the Land" Spuren hinterlassen hat. Von den Altvorderen verdient noch ein einschlägig Bekannter wie Neil Young eine Erwähnung. "Homeless" und "Wasn't I The One" dürfen als Beispiele für die Reminiszenz an gefühlvoll in den Äther geschluchzte Weisheiten ins Treffen geführt werden. Marino Acapulco zeichnet für Schlagzeug, Bass und Synthesizer verantwortlich. Er kann sich vor allem beim synthetischen Leckerbissen "Now" austoben. Wer Reisen mit dem fliegenden Teppich zu schätzen weiß, kommt hier - und am Ende bei den gesamten elf Nummern - voll auf seine Kosten. (mareb)