Ein "Soli-Transpi", um es mit den Worten der Besetzer zu sagen.

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Kinder liegen den Aktivisten am Herzen.

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Gerne darf auch jongliert werden.

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Die Trommel steht für eine spontane Jam-Session immer bereit.

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Gleich hinter dem Zaun verlaufen die Bahngleise.

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Gekocht wird mit Gas.

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Mit diesen Lebensmitteln kann man schon eine Zeit lang besetzen.

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Der etwa 50-jährige Mann öffnet die braune, schmale Eingangstür der Eichenstraße 9 und betritt den Vorraum des Hauses. Plakate mit Aufrufen - etwa zur „Solidarität gegen Repression" - hängen an den Wänden. Volle Müllsäcke warten auf jemanden, der sie rausträgt. „Schauts, i bring eich wos", sagt er, die pralle Einkaufstasche muss er mit beiden Händen halten. „Meine Tochter hat mir erzählt, was ihr hier macht. Das find ich gut", sagt der Spender. Geschenke können die neuen Bewohner des Hauses immer gut gebrauchen. Die helfen beim Besetzen.

„Haus darf nicht zu Wohnzwecken genutzt werden"

Seit vergangenem Freitag belegen die Aktivisten nämlich das Haus in der Eichenstraße 9, wenige Meter vom Bahnhof Wien-Meidling entfernt. Der Gebäudekomplex zieht sich die Eichenstraße entlang. Die Ziegelbauten waren früher ein Arbeiterwohnheim. Eigentümerin sind die ÖBB, verwaltet wird der gesamte Block (die Häuser mit den Nummern 9 bis 23 sind zusammengebaut) von der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH. Diese wurde in der Nacht von Sonntag auf Montag per Email über die Besetzung informiert. Die Begeisterung hält sich in Grenzen: „Wir hatten am Dienstag ein Gespräch mit ihnen", erzählt Pressesprecherin Bettina Gusenbauer im Gespräch mit derStandard.at. Dort habe man klargemacht, dass das Haus bis Freitag zu verlassen sei. Es gebe nämlich seit Jahren einen Behördenbescheid, wonach die ehemaligen Arbeiterunterkünfte nicht zu Wohn- oder Arbeitszwecken genutzt werden dürfen, erläutert Gusenbauer. Das zudem noch denkmalgeschützte Haus liege zu nah an der Bahnstrecke. Zum Bescheid führten Lärmemissionen und Erschütterungen. Die damaligen Bewohner mussten abgesiedelt werden.

„Wollen zeigen, was machbar ist"

Die Besetzer können das nicht nachvollziehen. In ihrem Blog bezeichnen sie das Haus als „sinnlos leer gelassen". Die "Gruppe Hausprojekt" will freie Räume für die Verwirklichung ihrer Pläne nutzen. „Wir wollten mit der Besetzung zeigen, was hier machbar ist. Und das funktioniert besser, wenn wir einfach handeln und nicht irgendwo ein Konzept hinschicken", sagt Emma, eine der Hausbesetzer. Was nicht heißt, dass kein Konzept vorhanden ist: Eine offene Bibliothek und Mediathek will die Initiative genauso einrichten wie eine Volksküche und einen „Kost-nix-Laden". Dort können Sachen hingebracht werden, die man nicht mehr braucht. Andere können diese dann mitnehmen - umsonst. Den Aktivisten liegen auch Kinder am Herzen. Eine „kinderfreundliche Umgebung mit selbstverwalteter Betreuung" soll geschaffen werden, denn: „Uns ist zugetragen worden, dass im Bezirk ein großer Bedarf besteht", sagt Stefan. „Nachbarn waren schon mit ihren Kindern hier. Mit denen haben wir eine Pflanzenexpedition im Garten gemacht." Der Garten ist Sammelpunkt der Aktivisten. Dort sitzen sie in der Sonne zusammen, hören Musik oder musizieren selbst mit mitgebrachten Instrumenten. Verdreckt ist der Außenbereich nicht, Bierdosen und andere Überbleibsel der Revolution werden in Müllsäcken gesammelt und entsorgt.

„Unsere Motivation leidet"

Trotz der freundlichen Aufnahme in die Nachbarschaft ist in der Eichenstraße 9 die Luft draußen. „Unsere Motivation leidet unter der kurzen Frist für den Auszug", sagt Emma. Ob die Besetzer abziehen werden, wissen sie noch nicht. „Unsere Gruppierung ist heterogen und funktioniert basisdemokratisch. Wir können nicht sagen, wie dann die Stimmung sein wird." An der Hausbesetzung sind Angaben der Aktivisten zufolge 40 bis 50 Leute intensiv beteiligt. „Insgesamt waren aber schon mehr als 100 Unterstützer hier. Zum Glück nur wenige, die ausschließlich Party machen wollten", meint Emma.

Nudeln zum Frühstück

Denn Häuser besetzen ist vor allem eines: Arbeit. Wegen der fehlenden Wasseranschlüsse müssen die Bewohner Kanister ins Haus schleppen, gekocht wird auf einem alten Gasherd. Der Topf steht auf dem Boden der heruntergekommenen Küche. Es ist Nachmittag, gekocht wurden Nudeln. „Zum Frühstück", meint ein Besetzer grinsend. In den engen Gängen des Hauses steht man sich immer wieder gegenseitig im Weg. Ein Mädchen mit kurz geschorenen Haaren und riesiger, gelber Sonnenbrille durchquert den Gang jonglierend. Für körperhygienische Maßnahmen muss improvisiert werden. Ein Gartenschlauch ersetzt die Dusche. Mit den warmen Temperaturen ist die Besetzung natürlich zeitlich geschickt gewählt. Immerhin hat die „Gruppe Hausprojekt" schon seit zwei Jahren Erfahrung im Häuserbesetzen.„Wir sind nicht in Not", stellt Emma klar. Die Aktivisten sind nämlich nicht obdachlos und die Besetzung daher nicht existenzentscheidend. „Es ist ein Lebenszeichen."