Seit Donnerstag darf auch im Hawelka nicht mehr geraucht werden - allerdings nur vorübergehend, wenn es nach Günter Hawelka geht. Er will eine Ausnahmegenehmigung für sein Café.

Foto: Standard/Robert Newald

Wien - Nach eineinhalb Jahren ist der große Moment gekommen - und nichts passiert. Zwei Minuten nach Mitternacht zündet sich der junge Mann mit goldenem Hut die nächste Zigarette an, einige Meter weiter bläst die Kellnerin Rauchwolken über die Bar. In den Gürtelbögen hängt der Qualm.

Dabei müsste hier seit zwei Minuten das Rauchen verboten sein: Die Übergangsfrist des Tabakgesetzes, das seit erstem Jänner 2009 gilt, ist ausgelaufen. Ab 1. Juli darf in Lokalen, die größer sind als 50 Quadratmeter, nur in abgetrennten Räumen geraucht werden.

Der Goldhutträger hat von dem Verbot gehört: "Ja, das kommt auch hier, glaub ich." Pause. "Oarge Vorstellung." Der Eingangsraum soll das Raucherzimmer werden, die zwei folgenden mit Bar und Bühne bleiben nebelschwadenfrei. Eine Tür dazwischen gibt es bereits, nur schließen muss sie noch jemand. "Aber wie soll das funktionieren? Kommt dann beim Konzert der Security und haut alle z'samm, die rauchen?" , sinniert der Hutmann über die Vollstreckung.

Neun Stunden später ist auch innerhalb des Gürtels noch alles beim Alten: In einem Café nahe der Hauptuni klebt Donnerstagfrüh zwar ein Aufkleber mit der Aufschrift "Abgetrennter Raucherbereich im Lokal" auf der Eingangstüre, eine räumliche Trennung, wie sie das Gesetz vorschreibt, ist im Gastraum aber nicht erfolgt. Zwei Gäste rauchen. Von Lokalseite heißt es, es seien Umbauarbeiten für vergangene Woche geplant gewesen, die dafür zuständige Firma sei derzeit aber überlastet. Man hoffe, dass es nächste Woche so weit sei. Den Zustand vom Morgen habe man aber rasch geändert, versichert man am Vormittag: Ab sofort darf nur im Garten gepofelt werden.

In einem Kaffeehaus am Gürtel ist der Nichtraucherbereich gerade noch rechtzeitig fertiggeworden. Seit dem 30. Juni befindet sich der hintere Teil des Gastraumes hinter Glas. "Am ersten Tag saßen dort zwei Damen" , sagt der Kellner. "Seither war aber noch niemand drinnen." Dass im vorderen Bereich munter weitergeraucht wird, hält nichtrauchende Gäste nicht davon ab, sich dort niederzulassen. "Es ist hier heller und gemütlicher" , sagt eine ältere Dame, "und der Kellner kommt auch öfter vorbei."

Eine Glaswand wird es im Hawelka nicht geben. Chef Günter Hawelka hat in der Früh ein Rauchverbotspickerl auf die Tür geklebt - vorläufig. "Ein Kaffeehaus ohne Rauchen ist wie ein Kaffeehaus ohne Kaffee" , sagt er. "Meine Söhne bemühen sich um eine Ausnahmebewilligung. Ich denke, sie werden Erfolg haben."

Grant bis nach Vorarlberg

Nicht nur in Wien sind die Wirte grantig. Ein solches Gesetz habe die Menschheit noch nicht erlebt, schimpft Dietmar Schönberger, Wirt im Bregenzer Kesselhaus. "Was soll ein Gesetz, das nicht kontrolliert wird? Das fördert doch das Denunziantentum." Geraucht werden darf bei ihm nicht mehr. "Da müsste ich umbauen. Das geht nicht, die Architektur der alten Halle würde leiden."

Auch die "Denunzianten" sind nicht zufrieden: Dietmar Erlacher vom Verein Krebspatienten für Krebspatienten hat am Donnerstag in Wien über 40 Lokale angezeigt. "Das Gesetz wird nicht eingehalten, wir fordern ein totales Rauchverbot" , sagt er. Um zumindest möglichst viele Verstöße zu ahnden, hat er www.sis.info eingerichtet, eine Seite, auf der anonym Anzeige erstattet werden kann.

Doch es gibt auch Fans der Regel. Vor dem verrauchten Rockclub am Wiener Gürtel hat eine deutsche Studentin bereits in der Nacht ihre Chance erkannt: "In Deutschland rauche ich eigentlich gar nicht" , sagt sie. "Jetzt kann ich auch hier endlich aufhören." (jub, spri, stem, tob, DER STANDARD - Printausgabe, 2. Juli 2010)