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Die beiden Herrren vor der Nationalversammlung.

Foto: AP Photo/Jacques Brinon

Paris - Raymond Domenech und Jean-Pierre Escalettes, die mittlerweile abgetretenen Protagonisten des französischen Fußball-Verbandes FFF, sind der Spielerrevolte bei der WM in Südafrika nach eigenen Angaben hilflos gegenübergestanden. Dieses Ergebnis hätte am Mittwoch eine Anhörung vor der Nationalversammlung in Paris gebracht, berichtete Kommissionsmitglied Lionel Tardy nach der nicht öffentlichen Sitzung.

Nach den Angaben von Tardy hat der am Montag als Verbandschef zurückgetretene Escalettes alles unternommen, um die Spieler davon abzubringen, aufgrund des Rauswurfs von Nicolas Anelka das Training zu boykottieren. "Er hat gesagt, dass er einer wahren Mauer gegenübergestanden sei und dass er so etwas in seiner 50-jährigen Erfahrung im Fußball noch nicht erlebt habe", erklärte Tardy.

Laut Ex-Teamchef Domenech trug die Berichterstattung der Sport-Tageszeitung "L'Equipe", die auf der Titelseite in großen Lettern die wüsten Beleidigungen von Anelka abdruckte, zum Zerfall der Mannschaft bei. "Domenech hat uns gesagt, dass mit dieser Story alles begonnen hat. Er glaubt, er hätte die Situation unter Kontrolle gehabt, wäre die Geschichte nicht gedruckt worden", sagte Tardy. Domenech und Escalettes wollten sich nach der Anhörung gegenüber Medienvertretern nicht äußern. 

Auch ein Abgeordneter der konservativen Regierungspartei informierte die Öffentlichkeit zu Beginn der Sitzung auf seinem Twitter-Account über die Geschehnisse. 'Wir sind ausgeschieden, weil wir mit 23 verwöhnten Kindern angetreten sind, die völlig die Bodenhaftung verloren haben.' 

Blatter gegen die Grande Nation

FIFA-Präsident Joseph S. Blatter hatte die Einmischung der französischen Politik in Angelegenheiten des Fußballs am Dienstag scharf kritisiert. UMP-Vorsitzender Jean-Fran++ois Cope verteidigte die Anhörung jedoch. 'Es ist eine traurige Sitzung, die aber zahlreiche Missstände in der Leitung des Verbandes ans Licht gebracht hat', sagte der Politiker und forderte: 'Das Modell der Verbandsführung muss grundlegend modernisiert werden.'

Am Dienstag hatte Blatter deutliche Worte an die französische Regierung gerichtete und vor einer Einmischung in die Autonomie des FFF gewarnt. 'Frankreich hat eine wahre Staatsaffäre aus dem Fußball gemacht, aber der Fußball gehört in die Hände der Verbände', hatte der Schweizer gesagt.

Blatter erlaubte sich sogar, den Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy persönlich zu rügen. 'Der französische Fußball kann auf die FIFA zählen, sollte es zu politischen Einmischungen kommen - selbst, wenn es auf präsidialer Ebene geschieht.' Dies, sagte Blatter, 'ist eine klare Botschaft. Sollten die weiteren Konsultationen scheitern, bleibt uns als einziges Mittel die Suspendierung.'

Die französische Regierung hat die Vorwürfe des FIFA-Bosses zurückgewiesen und bestritten, sich in die Angelegenheiten des Verbandes einzumischen. 'Das stand nie zur Debatte', sagte Regierungssprecher und Erziehungsminister Luc Chatel. 'Der FFF ist ein souveräner Verband und wählt seinen Präsidenten und den Nationaltrainer selbst', fügte der Politiker hinzu. 'Wir waren bei der WM allerdings Zeuge einiger disziplinarischer Verfehlungen, die für alle Franzosen Konsequenzen hatten. Aus diesem Grund kann die Regierung über diesen Aspekt nicht einfach hinwegsehen', erklärte Chatel.

Domenech hatte nach der 1:2-Niederlage gegen Südafrika seinem Gegenüber Carlos Alberto Parreira den Handschlag verweigert. Im vorausgegangenen Spiel gegen Mexiko (0:2) hatte Stürmer Nicolas Anelka seinen Trainer auf das Übelste beschimpft. 'Als Erziehungsminister muss ich sagen, dass das Verhalten unserer Mannschaft und das Verhalten des Trainers alle Erzieher in Frankreich geschockt haben dürfte', äußerte Chatel. (APA/Reuters/sid)