Es wird nicht lange dauern, bis die erste Sau durchs Dorf getrieben wird. Irgendein Demagoge wird einen "Sozialschmarotzer" präsentieren, am besten einen Zuwanderer, über den sich ein Füllhorn an Sozialleistungen ergießt - und sich dabei auf informell zugespielte Zahlen aus der neuen Transparenzdatenbank berufen.
Dass Schindluder möglich ist, spricht allerdings nicht gegen das Ziel, einen besseren Überblick über Förderungen, Beihilfen & Co zu schaffen. Um intelligent zu wirtschaften, muss der Staat wissen, wofür er Geld ausgibt - an sich eine Selbstverständlichkeit. Dass die ÖVP anhand neuer Erkenntnisse Sozialleistungen hinterfragen wird, ist legitime Politik.

Die roten Gegner des angeblichen "Neidkontos" sind umgekehrt ja auch versessen auf Daten zu Vermögensbeständen, um höhere Steuern zu fordern. Diese Verteilungsdebatte muss mit Argumenten geführt werden - und nicht, indem man sicherheitshalber wegschaut.

Entscheidend ist ein strenger Zugang zur Datenbank. Sucht ein Bürger um eine Leistung an, sollte nur der Sachbearbeiter Einblick ins Konto haben, um den Anspruch zu überprüfen. Jeder Zugriff muss protokolliert und gerechtfertigt werden, unter Androhung harter Strafen. Politiker sollen nur anonymisierte Sammeldaten bekommen, ausnahmslos mit Extra-Genehmigung. Missbrauch wird es dennoch geben. Aber um diesen ganz auszuschließen, müsste man Staatsorgane letztlich dumm sterben lassen. (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 30.6.2010)