Am Karlsplatz sieht man Wien doppelt: Ein Schwerpunkt gilt dem Bild der Stadt im Kino.

Foto: Kino unter Sternen

Wien - Fußballgroßereignisse haben nicht nur aktuell aufs Kino Einfluss:Vor zwei Jahren sorgte die EM unter anderem dafür, dass alteingesessene Sommerkinoaktivitäten sich neu erfinden mussten:

Auf dem Gelände des Filmarchiv Austria im Augarten - und in Kooperation mit der Viennale - wurde "Kino wie noch nie" ausgerufen. Das ebenfalls im Augarten beheimatete Kino unter Sternen musste als solches pausieren. Im Vorjahr bezog man einen neuen Standort und zeigte unterm Sternbanner bei freiem Eintritt österreichische Produktionen.

2010 haben sich die beiden Open-Air-Flaggschiffe in diesem Sinne konsolidiert: Das Kino unter Sternen präsentiert am Karlsplatz schwerpunktmäßig Filme, in denen Wien eine tragende Rolle spielt. Anlass bieten die entsprechende Ausstellung des Wien-Museums und ein Buch von Christoph Fuchs zum heimischen Kriminalfilm (Come and shoot in Austria).

Der Bogen reicht von Paul Fejos' kluger Sozialutopie Sonnenstrahl (1933) bis in die jüngste Gegenwart mit Caspar Pfaundlers Episodenfilm Schottentor oder der Dokumentation Liebe Geschichte von Klub Zwei. Wie im Vorjahr startet um 20.30, eine Stunde vor Filmbeginn, ein Vorprogramm, welches musikalische Darbietungen, Lesungen oder Gespräche umfasst. Eröffnet wird am 2. Juli mit Marvin Krens höchst charmantem Low-Budget-Zombiefilm Rammbock, der bei der Diagonale Furore machte.

Das Kino wie noch nie startet am Vorabend mit Jacques Tatis famos choreografierter Belastungsprobe für Mensch und Material, Playtime (1965), und setzt in der Folge auf den gut eingeführten Sommerkino-Mix aus Reprisen, Vorpremieren und Specials: Von Oscar-Gewinnerin Kathryn Bigelow sind fünf (ihrer acht)Spielfilme zu sehen. An den im Mai gestorbenen Dennis Hopper wird ebenfalls mit fünf Filmen erinnert.

Die Cinema Sessions, welche Live-Musik mit Stummfilmen zusammenbringen, zeigen unter anderem Arbeiten von Filmpionierinnen (Musik:Eva Reiter, Martin Brandlmayr, Burkhard Stangl) oder frühes Kino, welches auf afrikanischem Boden entstand:Zu Harold M. Shaws The Rose of Rhodesia (1918) spielen Mamadou Diabaté und Lars Stigler. Das Kino wie noch nie verfügt über einen kleinen Standortvorteil: Bei Schlechtwetter steht für die Vorführungen ein Kinozelt bereit, während man wetterfeste Kinofreunde am Karlsplatz unter Regenpelerinen steckt. (Isabella Reicher/DER STANDARD, Printausgabe, 30. 6. 2010)