Washington - Der Vatikan kann in den USA im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen gegen einen Geistlichen zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Der Oberste Gerichtshof in Washington weigerte sich am Montag, eine vatikanische Berufung anzuhören, und bestätigte damit die Entscheidung eines Bundesgerichts, die Immunität des Heiligen Stuhls in dem Missbrauchsverfahren aufzuheben. Souveräne Staaten wie der Vatikan können in den USA normalerweise nicht vor Gericht belangt werden. Das Urteil bedeutet, dass Vatikan-Vertreter und theoretisch sogar Papst Benedikt XVI. vor einem US-Gericht unter Eid aussagen könnten.

Die Regierung von US-Präsident Barack Obama hatte sich gegen die Aufhebung der Immunität ausgesprochen.
Ein Missbrauchsopfer aus dem US-Staat Oregon macht den Vatikan für die sexuellen Übergriffe durch einen irischen Priester in den 1960er Jahren in der Stadt Portland mitverantwortlich, weil dieser bereits als Pädophiler bekannt gewesen sei. Gegen den Geistlichen waren demnach bereits in Irland und in Chicago Missbrauchsvorwürfe erhoben worden.

Das Opfer in Oregon wirft dem Vatikan vor, daraus keine ausreichenden Konsequenzen gezogen zu haben. Ein Bundesrichter hatte festgestellt, dass der Vatikan in dem konkreten Fall als Arbeitgeber die Verantwortung trage, und die Immunität des Heiligen Stuhls aufgehoben. Dagegen hatte der Vatikan Berufung eingelegt - die der Oberste Gerichtshof nun durch Nichtannahme des Falls faktisch ablehnte.

Die katholische Kirche wird seit Monaten von einer Serie von Missbrauchsfällen auf der ganzen Welt erschüttert. Hochrangige Mitglieder des Klerus stehen dabei im Verdacht, Fälle von sexuellem Missbrauch systematisch vertuscht zu haben. Vatikanische Rechtsanwälte kämpfen in den USA vehement gegen Versuche, den Papst Benedikt zu einer Aussage in einem Missbrauchprozess zu zwingen. Die Kirchenjuristen machen unter Hinweis auf die Immunität des Papstes als Staatsoberhaupt geltend, das Ansinnen verstoße gegen internationales Recht. (APA)