Salzburg - Das sind die Geschichten, von denen im Hamsterrad des Arbeitsalltags gefangene Mitteleuropäer träumen: Erfolgreicher Anwalt verliebt sich in eine jüngere Frau, beide beschließen in die Toskana zu ziehen, um fortan Oliven anzubauen, eine Segelyacht zu vermieten und eine kleine Fremdenpension zu betreiben.

Der heute 59-jährige Salzburger Friedrich L. hat sich diesen Traum erfüllt. Die Geschichte des ehemaligen Wirtschaftsanwaltes hat freilich einen Haken: Beruflich war der Advokat weit weniger erfolgreich, als sein aufwendiger Lebensstil dies erfordert hätte und jene 2,8 Millionen Euro, mit denen er und seine Geliebte nach Italien verschwanden, gehörte nicht ihm, sondern seinen Klienten.

Friedrich L. war kein Aussteiger, Friedrich L. war auf der Flucht. Nach rund acht Jahren klickten bei einer Routinekontrolle der italienischen Finanzpolizei im Juli 2009 schließlich die Handschellen. Am Montag mussten sich der Ex-Anwalt und nunmehrige Olivenbauer und seine Lebensgefährtin Brigitte H. (40) wegen Betrugs vor dem Salzburger Landesgericht verantworten. Friedrich L. ist geständig, seine als Mittäterin angeklagte Lebensgefährtin bekennt sich nur der Hehlerei schuldig.

Freimütig erzählte der ehemalige Anwalt am Montag vor Gericht die Geschichte der Veruntreuung. Anfänglich habe er mit dem abgezweigten Geld seiner Klienten seine Kanzlei vor dem Ruin retten wollen. "Ich habe wirtschaftlich sehr schlecht gearbeitet und in den Tag hineingelebt", erklärt er dem Gericht. Sein finanziell aufwendiger Lebensstil habe die finanzielle Situation noch zusätzlich verschlechtert. Deshalb habe er sich aus Treuhandkonten seiner Klienten bedient, "um finanzielle Löcher zu stopfen". Als die Situation aussichtslos wurde, habe er beschlossen, mit seiner neuen Liebe unterzutauchen.

"Spontan und lebensfroh"

Brigitte H. lernte der scheinbar erfolgreiche Anwalt im Sommer 2001 bei einem Golfturnier kennen. Drei Monate später habe er ihr das Angebot gemacht, mit ihm in die Toskana zu ziehen, erzählt die damals als Büroangestellte Beschäftigte. "Ich war sehr spontan zu der Zeit, sehr lebensfroh." Von dem veruntreuten Geld will sie nichts gewusst haben. Sie selbst hatte übrigens auch Schulden. H. hatte bei ihrem damaligen Arbeitgeber aus einer Handkasse 6000 Euro abgezweigt, um sich ihre teuren Hobbies wie Golfspielen oder Tennis zu finanzieren.

Vor der Flucht aus Salzburg in die Toskana im Oktober 2001 ließ sich Friedrich L. das Geld bar von den österreichischen Banken auszahlen und übergab sie seiner Freundin, die auf ihren Namen Konten im Ausland eröffnet hatte. Er sei schon überrascht gewesen, dass die Banken ihm trotz der hohen Verschuldung Millionenbeträge ausbezahlt hätten - in bar, ohne zu fragen.

Brigitte H. will anfangs von der Herkunft der Millionen nichts gewusst haben. Sie sei von Aktienerlösen oder Schwarzgeld ausgegangen. Erst später sei sie aufgeklärt worden, und bei einer Ausgabe der Sendung Aktenzeichen XY habe sie schließlich erfahren, dass auch nach ihr gefahndet werde. Von den veruntreuten Geldern wurden 670.000 Euro sichergestellt. Aus dem Verkauf des Hauses in der Toskana könnten laut Verteidigung rund 800.000 erzielt werden. Somit wäre knapp die Hälfte der Summe verfügbar. Laut Staatsanwaltschaft ist die Schadenssumme inzwischen freilich auf rund 5,9 Millionen gestiegen.

Das Urteil: vier Jahre Haft für Friedrich L., zwei Jahre für Brigitte H., davon 16 Monate bedingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft hat Berufung angemeldet. (Thomas Neuhold, Stefanie Ruep/DER STANDARD-Printausgabe, 29.6.2010)