Musikalischer Wahlkampf: Robert Byrd fiedelte sich seinen Weg in den US-Senat.

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Robert Byrd war Mitglied des Ku-Klux-Clans, dann starb sein Enkel bei einem Unfalltod. Die darauf folgende emotionale Krise löste bei Byrd ein Umdenken aus.

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Washington/Wien - "Wer hasst, der wird nie in den Himmel kommen. Das hat mich meine Mutter gelehrt." Bei Robert C. Byrd klangen solche Sätze nicht banal. Der alte Senator mit schlohweißem Haar sprach sie mit der Weisheit eines geläuterten Mannes aus. Der "Hinterwäldler aus West Virginia" (Byrd über Byrd), der sein langes Leben unter "weißen Niggern" begann und es bis in Kapitol schaffte, hatte einiges gesehen, einige Positionen relativiert, einiges in seiner Karriere ins Gute gewendet.

Geboren wird er im November 1917 in North Carolina als Robert Carlyle Sale. Seine Mutter stirbt ein Jahr später an der Grippe. Das Baby wird von Verwandten adoptiert, erhält deren Nachname Byrd und wächst auf den Kohlefeldern West Virginias, im Armenhaus Amerikas, auf. Dem Klassenbesten in der High School fehlt das Geld für das College. Er heiratet mit 20, arbeitet in Werften und engagiert sich bei den Rassisten des Ku Klux Klans, dessen Führer ihm großes politisches Talent bescheinigen.

"Damals ist es wie ein Blitz durch mein Hirn gefahren, zum ersten Mal hat jemand meine Fähigkeiten erkannt" , schrieb Byrd später. Ende der 1940er-Jahre kandidiert er für das Repräsentantenhaus West Virginias, spielte bei jedem Wahlkampfstopp auf seiner Fiedel und gewann schließlich einen Sitz. 1952 zog er ins US-Repräsentantenhaus ein, 1958 in den US-Senat - dort blieb er als längstdienender Parlamentarier in der US-Geschichte bis zu seinem Tod am Montag im 93. Jahr.

"Sein Leben ist der Senat" , sagte der Republikaner Bob Dole über Byrd. Keiner kannte die legislative Maschinerie in Washington so gut wie er, der zehn Jahre lang Abendkurse an der American University besuchte, um 1963 seinen Jusabschluss zu schaffen. Byrd war ein klassischer "New Deal Demokrat" , und er gehörte zu den Südstaaten-Demokraten, die alles daran setzten, um mehr Bürgerrechte für die Afroamerikaner zu verhindern. 1964 redete er 14 Stunden lang, um Präsident Lyndon Johnsons Civil Rights Act zu verhindern. Er war ebenso gegen die Neufassung des Wahlrechts zugunsten der Farbigen und stimmte für den Vietnamkrieg.

Mit Ted Kennedy, dem er später in tiefer Freundschaft verbunden war, ritterte er um die Führung der Demokraten im Senat, die er mehr als zehn Jahre inne hatte. Der Tod eines seiner Enkel in den 1980ern ließ ihn endgültig auf die Bürgerrechtsseite schwenken: "Schwarze lieben ihre Kinder genauso wie ich meine."

Byrd stimmte 18.500 Mal im Senat ab, zuletzt zu 95 Prozent liberal. Er verschaffte seinem Bundesstaat Milliarden an Förderungen, trat gegen zu große präsidentielle Befugnisse ein und war ein Gegner des Irakkriegs. Auch weil er die Legislative durch George W. Bush unterlaufen sah. "Ich bin kein Mann eines Präsidenten, ich bin der Mann des Senats" , sagte Byrd gerne. Die demokratische Mehrheit im Senat ist durch Byrds Tod nicht gefährdet. Seine Amtszeit läuft bis 2012, der demokratische Gouverneur West Virginias bestellt einen Nachfolger. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 29.6.2010)