Pablo Picasso: Portrait d‘Angel Fernández de Soto (Absinthtrinker, 1903) wechselte für 41,92 Mio. Euro nach Asien.

Foto: Christie‘s

Hätte, wäre, würde, könnte: Gemessen an den eigenen Erwartungen hätte es eine Rekordwoche für die 2010-er Chronik der internationalen Auktionsbranche werden können. Auch für den Marktplatz London hatten Christie's und Sotheby's - im Anschluss an die erfolgreiche New Yorker Sause Anfang Mai (Absatz nach Wert: Christie's 86 Prozent, Sotheby's 92 Prozent) - entsprechend Hochkarätiges akquirieren können.

Freilich, eine für den Umsatz nicht unerhebliche Anzahl an Verkäufern hatte den Durchgang in der amerikanischen Metropole noch abgewartet. Sei es, um sich für eines der beiden Häuser zu entscheiden, oder auch die Taxen nun endgültig auszuverhandeln. Die Folge war ein Gerangel bis zur letzten Minute, die eine entsprechende mediale Vermarktung und Präsentation der Hochkaräter in New York, Hong Kong oder Moskau gerade noch zulässt.

Auf 101 bis 148 Millionen Pfund beliefen sich die Erwartungen für den Evening Sale bei Sotheby's am 22. Juni, von denen schließlich "nur" 112,1 Millionen realisiert werden konnten. Dem Rekordhalter eines Auktionstotals in London (3. Februar 2010, 146,82 Millionen Pfund) stand die Enttäuschung quasi ins Gesicht geschrieben. Ungeachtet neuer Künstlerrekorde (Manet, Derain, Bonnard) blieben 16 der 51 angebotenen Kunstwerke unverkauft. Der Absatz nach Wert lag am Ende bei 83,5 Prozent, eine Verkaufsquote von der die mitteleuropäischen Auktionshäuser nur träumen können - und auch Kontrahent Christie's, wie sich anderntags herausstellte.

Tagesaktuelle Währungsturbulenzen - der Pfund stieg auf ein Halbjahreshoch, der Euro sackte ab - scheinen manchem ebenso die Lust auf einen Kunstkauf verdorben zu haben, wie die Präsentation des britischen Sparhaushalts. Ja, hätte Finanzminister George Osborne die Stutzung der Wachstumsprognosen bitte nicht eine Woche später verlautbaren können? Nun, Rekorde werden im London dieser Tage wie es scheint nur am Tenniscourt notiert.

Und dennoch: Vier Telefonbieter waren bereit, 29 Millionen Pfund für Monets Seerosenstück springen zu lassen. Der beratungsresistente Einbringer war stur geblieben, sein Limit lag bei 30 Millionen. Dabei hatte er das Gemälde im Mai 2000 bei Christie's in New York für umgerechnet 12,23 Millionen Pfund netto erworben. Auf 25 Millionen hatte sich die aktuelle Empfehlung der Experten belaufen. Nein, und so blieb das Werk eben unverkauft.

Realistischer blieb Andrew Lloyd Webber, der sich über 34,76 Millionen Pfund (41,92 Mio. Euro) zugunsten seiner Foundation freuen durfte. 1995 hatte er Picassos Absinthtrinker für 26,5 Millionen Dollar bei Sotheby's erworben, womit sich der Zugewinn auf mehr als 25 Millionen Dollar beläuft.

Währenddessen teilen sich 32 Erben nach Aranka Munk 18,8 Millionen Pfund (22,67 Mio. Euro), die ein Saalbieter für Gustav Klimts Portrait Ria Munk III bewilligte. Der neue Besitzer begehrt anonym zu bleiben, nur so viel war zu erfahren, amerikanischer Herkunft sei er nicht, vielmehr hätten sich Schweizer, Asiaten und Russen dafür engagiert.

Am Ende des Abends notierte Christie's mit 152,59 Millionen Pfund (184 Mio. Euro) zwar den neuen Londoner Benchmark, war mit einem Absatz nach Wert von 74 Prozent aber an den eigenen Erwartungen sehr deutlich vorbeigeschrammt. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 26./27.06.2010)