Die Diskussion und die rechtliche Situation rund um Scheidung und Scheidungskinder in Österreich sind steckengeblieben in einer 80er-Jahre-Argumentation, die damals schon nicht stimmte.

Ausgehend davon, dass man glaubte, Väter sind meistens ein unnützes Pack, das sich um die Nachkommen am liebsten so wenig wie möglich schert, bekamen und bekommen Mütter in Fall der Scheidung viel mehr Rechte und Pflichten zugewiesen als Väter. Daraus resultiert, dass geschiedene Männer heutzutage kaum bis gar nicht in die Erziehung eingreifen dürfen. Auch wenn sich die beiden Elternteile bei der Scheidung vernünftig auf Besuchs- und sonstige -regelungen geeinigt haben, ist der Vater ab dem Moment der Scheidung Statist in Sachen eigener Kindererziehung. Eine Art Spaßonkel fürs Wochenende. Nicht einmal einen Reisepass darf er für sein Kind beantragen. Das tut dem (in der Regel: wohlmeinenden) Vater nicht gut, und vor allem aber: Dies schadet dem Kind, das ein Anrecht auf beide Elternteile hat.

Bei einer gemeinsamen Obsorge können Rosenkriege, die vielfach auch auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden, hintangehalten werden. Versuche geschiedener Eltern, das Kind bei einem Konflikt zu instrumentalisieren, werden erschwert. Gemeinsame Obsorge, das zeigen die Beispiele in anderen Ländern, ist ein probates Mittel vernünftiger Erwachsener zum Wohle des Kindes. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Printausgabe 25.6.2010)