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Außenminister Michael Spindelegger am Mittwoch bei Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew in Baku.

Foto: APA/Dragan Tatic

Wenn der Wind richtig dreht, dann legt sich der Geruch des großen Geldes über die Stadt. Die Brise weht eine Nase voll Petroleum von den Bohrtürmen herein auf die Uferpromenade am Neftchilar Prospekt, auf die Boutiquen von Gucci und Dior, auf den in aller Eile hochgezogenen Rohbau des Four Seasons Hotels. Baku ist Boomtown. Nach mehr als 100 Jahren wieder einmal. Und der Aufschwung wird wie damals von Öl- und Gasvorkommen befeuert.

Aserbaidschans Hauptstadt war am Mittwoch Reiseziel gleich zweier österreichischer Minister. Michael Spindelegger (Außenamt) und Reinhold Mitterlehner (Wirtschaft) gaben sich die Ehre, der Eröffnung der neuen österreichischen Botschaft in dem Kaukasusland beizuwohnen. Wie 1889 - damals wurde in Baku ein Vize-Honorarkonsulat eröffnet - möchte Wien den Öl-Boom nicht versäumen. Die in allgemeinen Sparzeiten neu aufgesperrte Botschaft ist nur das jüngste Indiz dafür.

Nach dem Abflauen der Balkan-Aktivitäten ist die Schwarzmeerregion vor allem ökonomisch in den Blick der Österreicher gekommen. Wirtschaftsminister Mitterlehner will das Handelsvolumen mit der Region in den kommenden Jahren von zwei auf fünf Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Die Strabag baut bereits jetzt Hotels in Baku, eben wurde eine Chemieanlage fertiggestellt, sogar 900 Rinder fanden ihren Weg nach Aserbaidschan. Und schließlich siedelt die OMV den Ausgangspunkt der Pipeline des von ihr geführten Nabucco-Konsortiums in Baku an und rittert derzeit um Gasmengen, die ab 2014 über Georgien und die Türkei nach Baumgarten in Niederösterreich fließen sollen.

Erst am Mittwoch hat Präsident Ilham Alijew der aserischen Energiegesellschaft Socar den Auftrag gegeben, mit den Österreichern über Kontingente zu verhandeln, die vor der endgültigen Bauentscheidung für die acht Milliarden Euro teure Nabucco zugesagt sein müssen, um die Pipeline wirtschaftlich betreiben zu können.

Glosender Konflikt

Die politischen Interessen in der Region darzustellen, fällt unterdessen ein wenig schwerer. Österreich wolle Stabilität und Prosperität an den Grenzen der EU fördern und helfen, etwa den glosenden Territorialkonflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um Berg-Karabach zu lösen, erklärte Spindelegger. Zudem sei den Aseris sehr daran gelegen, europäische Standards in vielen Bereichen der Gesellschaft zu erreichen. Verhandlungen über ein Assoziationsabkommen mit der EU stehen an. Explizit erwähnt hat der Minister im Gespräch mit seinem Amtskollegen Elmar Mammadiarow auch die Menschenrechtslage sowie Medien- und Pressefreiheit, wo es - freundlich formuliert - deutliche Auffassungsunterschiede gibt.

Dass vor allem der Karabach- Konflikt alle Bemühungen zunichte machen könnte, zeigte sich erst vor wenigen Tagen, als an der Grenze bei einem Scharmützel fünf Soldaten beider Seiten umkamen. Aserbaidschans Außenminister trat mit Spindelegger dafür ein, die Krise friedlich zu lösen. Der Sprecher seines Ministeriums, Elchan Poluchow, legte indes auch die militärische Option klar auf den Tisch - mit dem Nachsatz: "Diesmal gewinnen wir."

Der Feierlaune in der noch etwas kärglich dekorierten österreichischen Botschaft tat dies keinen Abbruch. Und sollte es einmal tatsächlich soweit kommen, hat es die neue Botschafterin Sylvia Meier-Kaibic nicht weit: EU, OSZE - und die OMV - sitzen im gleichen Bürokomplex wie die Botschaft. (Christoph Prantner aus Baku/DER STANDARD, Printausgabe, 24.6.2010)