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Betty und Don Draper.

Foto: AP /AMC Frank Ockenfels

Ein Bild von einem Mann - dieser Don Draper. Und an seiner Seite natürlich ein Bild von einer Frau, und auch der Rest der Familienidylle scheint prototypisch: Ein Haus in der Vorstadt, zwei Kinder - einmal Mädchen, einmal Bub - deren Mutter Betty als Hausfrau darauf schaut, dass am Abend das Essen am Tisch steht und Don sich in aller Ruhe von seinem Job in einer Werbeagentur regenerieren kann. Denn dort spielt die eigentliche Musik. Kreativdirektor Don managed cool die kreativen Belange der renommierten New Yorker Agentur Sterling & Cooper, die den rasanten Aufstieg der Werbeindustrie der 50er mitgestaltete. Die Mitarbeiter gehören zu einer neuen kreativen Klasse, die ihre KundInnen mit schnieken Einladungen und sich selbst mit Drinks verteilt über den Arbeitstag bei Laune halten. "Hart arbeiten" nennen das ihre Ehefrauen, die währenddessen den Tag vom Scheitel bis zur Zehenspitze tip-top gestylt mit Lebensmitteleinkäufen, Kindern, Freundinnentratsch, Kochen und Psychoanalyse verbringen.

Echte und phantastische Affären

Was für ein Traum, dieser amerikanische Mittelstand - die Werber können die Glanzseiten ihres Lebens praktisch als Blaupause für ihre Kampagnen verwenden. Außerhalb der Welt des Scheins gönnen sich die Herren aber so einige informelle Tätigkeiten. Sie haben aufregende Affären mit Frauen, die über mehr Freiheit verfügen, wie ihre Ehefrauen, die sich - wie Betty - mit erotischen Phantasien mit einem Klimaanlagen-Vertreter begnügen, den sie ohne die Erlaubnis ihres Gatten nicht ins Haus lassen sollte. Im Reich der Phantasie ist er also nicht der Herr im Haus. Auch Dons Sekretärin Peggy, von den Kollegen oder Chefs auch gutes Mädchen, Mauseöhrchen oder Schätzchen genannt, bricht aus und "darf" zusätzlich zu ihrem Sekretariatsjob auch als Texterin arbeiten, praktisch um dasselbe Geld. Unsichere Kollegen wie Pete Campbell fühlen sich da schnell um ihr primäres Geschlechtsmerkmal kürzer und werden fies. Wenn Petes Selbstwert durch finanzielle Abhängigkeit vom Schwiegerpapa oder einer Sekretärin, die ihm verbal Paroli bietet, leidet, kommt auch Strahlemann-Boss Don in der Schusslinie, nicht ungefährlich, denn der muss schließlich ein dunkles Geheimnis hegen.

Skandalös: "Mad Men"-freie Sender

Die Härte einer Welt, in der nur einem einzigen Lebensmodell Anerkennung zukommt, wird einer/einem in "Mad Men" mit voller Wucht um die Ohren geknallt, da hilft auch das ganze schöne Sixties-Design nix. Die Serie verzichtet auf einfache Unterteilungen in Herrscher und Beherrschte und zeichnet mit vielschichtigen Figuren die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse und damit auch die gegenwärtigen. 

Dass "Mad Men" weder auf einem deutschen noch österreichischen Sender läuft (außer auf dem deutschen Pay-TV-Sender Fox Channel) ist beinahe ein Skandal. Um die Folgen der drei ersten Staffeln muss man sich also selbst kümmern, die Betonung liegt auf "muss". (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 23.6.2010)