"Fußball und Identität" - Eine Diskussion im Rahmen von "SOHO in Ottakring 2010"

Foto: Armand Feka

Im Zuge der EM 2008 wurde die die belebte Ottakringerstraße zur inoffiziellen Fußballhauptstraße, es wurde gefeiert und die Medien berichteten ausgiebig. Es war für Wien eine neue Entwicklung, dass nationale Identität und der Fußball so offen auf die Straße getragen werden. Vor allem die kroatischen und türkischen Fußballfans sorgten für große mediale Aufmerksamkeit. Dabei stößt vor allem die Definition der eigenen Identität in Migrationsgesellschaften wie Österreich auf ihre Grenzen. Gerade bei der zweiten/dritten Generation der ZuwandererInnen teilen sich die Gemüter über das Zugehörigkeitsgefühl.

Die Möglichkeit der Identifikation

Es gibt viele Wege, seine Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe zur Schau zu stellen, und nicht wenigen von ihnen hängt der Hauch von Nationalismus an. Gerade Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft erlaubt es vielen, ihre nationale Zugehörigkeit ganz offen und stolz zu präsentieren.

Transnationale Identität entwickelt sich, wenn Menschen nicht mehr an einem Ort geboren werden, dort aufwachsen und bis zu ihrem Lebensende dort bleiben, sondern dass sehr viele Menschen - zum Teil auch ungewollt - ihr Heimatland verlassen, um an einem anderen Ort zu leben. Dadurch bringen sie andere Ressourcen mit und haben mehr unterschiedliche Identifikationspunkte in ihren Leben. Der integrative Charakter von Fußball muss daher ambivalent betrachtet werden, weil Sport Ausdrucksmittel ethnischer Identitäten ist. Das Zugehörigkeitsgefühl zu einem Team fördert somit immer ein Abgrenzen von den anderen. Dieses drückt sich in einigen Fällen in gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Fans anderer ethnischer Zugehörigkeit aus, wie das auch in Wien vor zwei Jahren während der Europameisterschaft der Fall war.

"Wir und die Anderen"

Der deutsche Kulturwissenschaftler Diederich Diederichsen sieht in der ethnischen Komponente der Nationalteams einen problematischen Aspekt. Menschen mit Migrationshintergrund identifizieren sich nicht einfach mit der Mannschaft des Staates in dem sie - zufällig - leben. Das einzige, was hilft, sind ethnisch nicht homogene Mannschaften. Barbara Liegl, Geschäftsführerin des Vereins für Zivilcourage und Antirassismusarbeit ZARA, ist der Ansicht, dass eine ethnisch diversifizierte Nationalmannschaft in diesem Prozess einen Teil dazu beitragen kann, dieses "wir und die Anderen" aufzulösen und ein anderes Bild zu bekommen, wie Österreich eigentlich aussieht. Wenn Menschen sehen, dass Diversität vorhanden ist, kann das einen kleinen Teil dazu beitragen, die angenommene Homogenität, die in der Realität nicht vorhanden ist, aber die in den Köpfen der Menschen immer noch da ist, aufzubrechen. Was heißt Integration in diesem Zusammenhang? Heißt es, dass man sich zu 100 Prozent mit dem Land identifizieren muss, in dem man lebt oder hat es vielleicht andere Dimensionen?

Der Nationalismus als ständiger Begleiter

Dass die Zugehörigkeit zu einer Nation für Profifußballer manchmal nur eine untergeordnete Rolle spielt zeigt sich häufig an den vielen Doppelstaatsbürgerschaften und "Nationenwechsel" vieler Spieler. Aus rein pragmatischen und marktwirtschaftlichen Gründen entscheiden sich die Akteure in diesem Sport schon einmal für ein anderes Land die Fußballschuhe zu schnüren. Während Profifußballer Mirnel Sadović von Magna Wiener Neustadt über seine Erfahrungen mit der Doppelstaatsbürgerschaft berichtete, echauffierte sich einer der Zuhörer über die Möglichkeit, mehreren Nationalitäten anzugehören. (Armand Feka, 19. Juni 2010, daStandard.at)