Johannesburg - Nicolas Anelka ist nach obszönen Beleidigungen gegen Nationaltrainer Raymond Domenech vom französischen Fußball-Verband FFF von der WM in Südafrika nach Hause geschickt worden. Dies bestätigte FFF-Vizepräsident Noel Le Graet dem Fernsehsender RTL. Der absehbare Rauswurf erfolgte drei Tage vor dem entscheidenden WM-Gruppenspiel gegen die Gastgeber am Dienstag in Bloemfontein, bei dem Frankreich nur noch eine kleine Chance auf den Einzug ins Achtelfinale besitzt.

Auslöser für den Rauswurf von Anelka waren Journalisten. In weißen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund hatte am Samstag auf der Titelseite der französischen Sporttageszeitung ein ungehöriger Satz gestanden: 'Va te faire enculer, sale fils de pute.' Moderatoren französischer Radiosender brachen sich beinahe die Zunge ab, um die Formulierung zu umgehen, der englische Dienst der Nachrichtenagentur AFP veröffentlichte vor seiner Meldung einen Warnhinweis: Vorsicht, obszöne Wörter!

Böse Worte

'Fick dich in den Arsch, du Hurensohn', lautet der Satz auf Deutsch. Gesagt hat ihn der schon häufiger als Exzentriker auffällig gewordene Anelka bereits am vergangenen Donnerstag. Gefallen sind seine sehr bösen Worte kurz nach dem Abpfiff der ersten Halbzeit im Spiel zwischen Frankreich und Mexiko (0:2) - der Adressat: Domenech. Der umstrittene Nationaltrainer mit dem ewig gequälten Blick hatte zuvor das taktische Verhalten von Anelka angemahnt.

Nach der offensichtlich wenig sachbezogenen Antwort von Anelka auf die Aufforderung, er möge doch nicht immer vorne stehen bleiben, verzichtete Domenech auf eine weitere Auseinandersetzung: 'Okay, du bist raus', ließ er Anelka wissen, in der zweiten Halbzeit ersetzte er den Angreifer des englischen Double-Gewinners FC Chelsea durch einen gewissen Andre-Pierre Gignac - zu Recht, wie die Tageszeitung Le Figaro den Vorgang kommentierte.

Absehbarer Vorfall

Das sah der französische Verband dann wohl auch so oder so ähnlich. Die FFF, die vor der WM ankündigte, Domenech nach der WM durch Laurent Blanc zu ersetzen, handelte - allerdings erst nach der für Mittag anberaumten Pressekonferenz.

Dass Anelka und Domenech irgendwann aneinandergeraten würden, war irgendwie abzusehen, erstaunlich ist allenfalls, dass es derart lange gedauert hat. Der 31 Jahre alte Angreifer wurde dereinst mit dem Satz auffällig: 'In Frankreich macht man komische Menschen zum Nationaltrainer.' Kurioserweise holte dieser komische Mensch namens Domenech den komischen Menschen namens Anelka wieder zurück in die Nationalmannschaft, nachdem Anelka von Vorgänger Jacques Santini vor der WM 2002 aus dem Kader geworfen worden war.

Auch zwischen den Spielern ist das Tischtuch offenbar mittlerweile zerschnitten. So beschreibt die Zeitung eine vielsagende Szene nach dem Spiel. Während Mittelfeldspieler Yoann Gourcuff mit französischen Journalisten sprach, erschienen Anelka und Franck Ribery in der Mixed Zone.

Als Gourcuff Ribery, den Star von Bayern München, bemerkte, senkte er seinen Blick und rückte ganz nah an die Bande, "um wie der Klassenbeste dem Rüpel der Schule Platz zu machen, um keinen Schlag auf den Hinterkopf zu bekommen", schrieb L'Equipe. (sid)