Man unterschätzt den südafrikanischen Winter. Oder man ist einfach nur zu blöd, den Wetterbericht zu lesen und die passenden Vorkehrungen zu treffen. Die Temperaturen in Johannesburg streiften jedenfalls die Null-Grad-Grenze, man bibberte, fühlte sich zum Neujahrsspringen nach Garmisch-Partenkirchen versetzt, dachte wirklich nur kurz an Gregor Schlierenzauer. Hoffte, dass er im österreichischen Sommer nicht zu viel isst.

Ein relativ intelligenter Kollege pflegt zu sagen: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Und am Abend im Ellis Park keinen dicken Pullover gehabt zu haben, war extrem schlecht. In der Not suchte man sogar den offiziellen Fifa-Fan-Shop auf, erstand um 300 Rand (33 Euro) einen Pulli, der selbst geschenkt noch viel zu teuer gewesen wäre. Normalerweise dürfte man ihn nur in der eigenen Wohnung oder im eigenen Keller tragen. Vorausgesetzt, die Ehefrau ist tolerant und nimmt das Äußerliche überhaupt nicht wichtig.

In der Kälte sehnt man sich nach Wärme. Wie geht es eigentlich Joseph Blatter? Was treibt er so? Friert er auch? Hat er den gleichen Pulli an?

Gott sei Dank twittert Blatter. Der Fifa-Präsident schreibt: "Auf in den Ellis Park zu Brasilien gegen Nordkorea. Das ist das dritte Match des Tages, Brasilien und Nordkorea haben bei einer WM noch nie gegeneinander gespielt." Eintrag vom Vortag: "Ich bin jetzt in der Soccer City." Eintrag vom Vorvortag: "Zu den vielen Anfragen zu den Vuvuzelas möchte ich feststellen, dass ich immer gesagt habe, dass Afrika einen eigenen Rhythmus, einen eigenen Sound hat." Ab welchen Temperaturen zerreißt es eigentlich Vuvuzelas? Oder das Internet? (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe, 17.6.2010)