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Der Plan von Frankreich und Deutschland zur Bildung einer EU-Wirtschaftsregierung auf Ebene der Staats-und Regierungschefs stößt auf wachsenden Widerstand. Vor dem EU-Gipfel, der heute, Donnerstag, stattfindet, übten EU-Kommission und Europaparlament, die eine Abwertung befürchten, Kritik. Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte: "Die Kommission ist die Wirtschaftsregierung von Europa."

Der Vorsitzende der Sozialdemokraten im Parlament, Martin Schulz, warnt vor einem "deutsch-französischen Direktorium". Der Vizepräsident der Konservativen, Othmar Karas, befürchtet eine "Entmachtung von Parlament und Kommission". Auch in einigen kleineren Ländern werden die Ambitionen von Berlin und Paris mit Skepsis verfolgt. Bundeskanzler Werner Faymann stellte klar, dass die Wirtschaftsregierung mit keiner Abgabe von Kompetenzen oder einer Vertragsänderung verbunden sein dürfe.

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Wien - Die Weltwirtschaft erlebt eine tektonische Plattenverschiebung, eine "Verschiebung des Reichtums" , so die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). In einer aktuellen Studie kommen OECD-Ökonomen zu dem Ergebnis, dass sich der Wohlstand weltweit stark in die Schwellenländer verlagern wird. Während heute der Anteil der aufholenden Nationen noch 49 Prozent am globalen Wirtschaftsprodukt beträgt, wird ihr Anteil 2030 bereits bei 57 Prozent liegen, so das Ergebnis.

"Die Finanzkrise hat einen bereits laufenden Prozess noch verstärkt" , sagen die Studienautoren. Denn während die USA und Europa laut aktuellen Prognosen der Economist Intelligence Unit für 2011 nur zwischen 0,9 und zwei Prozent wachsen dürften, dürften die Regionen der Schwellenländer zwischen Lateinamerika und Asien zwischen 4,1 und 4,4 Prozent wachsen. Dass die zweite und dritte Welt die Krise ohne nachhaltigen Wachstumseinbruch meistern konnte, hängt auch mit ihren neuen Handelsmustern zusammen. Heute handeln Schwellenländer immer stärker untereinander. 2008 etwa haben Emerging Markets bereits Güter im Wert von 2900 Milliarden Dollar gehandelt, genauso viel, wie mit den Industrieländern. Heute werden 20 Prozent des Welthandels bereits zwischen Schwellenländern abgewickelt, 1990 waren es 7,8 Prozent.

Die vertieften Handelsbeziehungen könnten auch für die Entwicklung in Afrika von entscheidender Bedeutung sein. Denn gerade Unternehmen und Staaten aus Asien haben in den ärmsten Kontinent investiert. Afrikas wichtigster Handelspartner ist China, das 2008 Güter um 50 Mrd. Dollar aus Afrika importiert hat. China war im Jahr 2009 zudem der größte Handelspartner von Brasilien, Indien und Südafrika.

Für die kommenden Jahre soll Afrika dank des wichtigeren Handels die am schnellsten wachsende Region weltweit sein. Die stärker hausgemachte Wirtschaftsdynamik in den Entwicklungsländern soll auch die globale Armutsbekämpfung unterstützen. In den 1990er-Jahren wurden 120 Millionen Menschen über die Armutsschwelle gehoben, in den 2000er- Jahren bereits 300 Millionen. Wachstum alleine könne die Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte aber nicht sicherstellen, so die OECD-Ökonomen. Gerade arbeitsintensive Sektoren, etwa die Landwirtschaft, müssten wachsen, um die Armut zu reduzieren.

Schuldenkrise als Anstoß

Angesichts der europäischen Schuldenkrise blicken zudem immer mehr Investoren auf Schwellenländer und verschaffen so den Unternehmen dort größere Investitionsmöglichkeiten. Seit Jahresbeginn sind laut Daten von EPFR, einem US-Fondsanalysehaus, 11,9 Milliarden Dollar in Aktienfonds geflossen, die in Entwicklungsländer investieren. Auch in Anleihenfonds sind knapp zehn Milliarden Dollar investiert worden. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.6.2010)