Der Mégane Renault Sport schafft das fast Unfassbare: Er hat einen Vorderrad-Antrieb, der mit 250 Turbo-PS nicht an der Lenkung zerrt, dafür aber quer gefahren werden kann. Macht süchtig

Der Mégane Renault Sport ist ein Desaster. Nicht als Auto. Sondern seine Auswirkungen auf ein ausgeklügeltes Zeitmanagement sind verheerend. Man würde meinen, dass einen 250 PS schneller ans Ziel bringen als 90 Turbodiesel-PS in einem alten, rostigen Kombi.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Weit gefehlt. Mit dem Mégane ist einem kein Umweg zu weit, keine Ausrede zu schlecht, um nicht über zumindest einen Berg zu fahren, bevor man dort ankommt, wo man hin will.

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Ein Beispiel: Weil es gerade auf dem Weg zu einem Termin lag, habe ich mich im Driving Camp Pachfurth eingebucht, nur um dort zwei Stunden lang den Kniff mit dem Vorderradantriebs-Drift rauszubekommen. Was soll ich sagen? Ich habe überzogen.

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Erst den einsetzenden Drift, was der Mégane mit einem französischen Linkswalzer quittierte, dann die zwei gebuchten Stunden. Wieder kam ich zu spät zu einem Termin, und mit diesem Lächeln im Gesicht hätte ich mir jede Entschuldigung sparen können.

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Jetzt weiß ich, wie der Drift mit dem Cup-Fahrwerk geht. Erstens: Die Hutablage aus dem Auto nehmen und irgendwo verstecken, wo man sie nie wieder findet - dadurch klingt der Mégane schon mehr nach Sportwagen. Zweitens: ESP abschalten. Drittens: stärker beschleunigen als normal. Viertens: viel später und viel stärker bremsen als gewöhnlich. Fünftens: einlenken - und wenn das Heck kommt, den Franzosen quer, mit Gas, aus der Kurve ziehen.

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Das geht nicht beim ersten Mal, vielleicht auch nicht beim hundertsten. Aber irgendwann hat man den Dreh heraußen, wie man mit der Differentialsperre auf der Vorderachse auch mit einem Fronttriebler quer fährt.

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Vorteil der besonderen Vorderradaufhängung im Renault: Der Wagen zerrt auch beim starken Beschleunigen nicht oder kaum an der Lenkung.

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Beachtenswert am Mégane RS ist, dass er trotz seiner 250 Turbo-PS enorm alltagstauglich ist: Der Motor dröhnt (leider) nicht lästig, in den Kofferraum bekommt man mehr als nur eine Herrenhandtasche, und der Mégane liegt auch nicht so tief, dass man sich bei jeder Unebenheit fürchten muss, die Frontschürze zu verlieren.

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Aber er verleitet zu einer digitalen Fahrweise. Entweder Gas oder Bremse.

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Dazwischen gibt es nicht viel. So schluckt der Renault Sport auch seine 11,5 Liter Sprit, während er mit halbwegs normaler Fahrweise auch mit neun Litern auskommen würde.

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Aber das sind Werte, die Menschen mit Benzin im Blut nie erreichen werden. Gepaart mit den Umwegen, die man fährt, ist der Mégane Renault Sport ein Desaster. Vor allem, weil man sich so schnell an die Extraportion Leistung gewöhnt, die süchtig macht.

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Und auf einmal versteht man die Jungs vor der Dopplerhütte, die sich fast den Hals verreißen, wenn der Mégane Renault Sport ums Eck kommt. (Guido Gluschitsch/DER STANDARD/Automobil/11.06.2010; Fotos: Wolf-Dieter Grabner, www.theflow.cc)

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