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In Spanien rufen die Gewerkschaften zu neuen Streiks gegen die Sparpläne des Regierungschefs José Luis Rodríguez Zapatero.

Foto: APA/EPA/Kai Försterling

Gerüchte über einen Rettungsplan der EU und des Währungsfonds für Spanien reißen nicht ab. Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero verteidigt seinen Sparkurs und verspricht, den Arbeitsmarkt anzukurbeln.

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Madrid - Trotz des Sparpaketes von mehr als 65 Mrd. Euro und des Euro-Schutzschirmes bleibt Spanien in den Schlagzeilen. Nachdem mehrere deutsche Tageszeitungen über ein unmittelbar bevorstehendes Rettungsgesuch des iberischen Königreiches an die EU spekulierten, reißen kritische Berichte nicht ab. Da nützen auch beruhigende Worte des sozialistischen Regierungschefs José Luis Rodríguez Zapatero und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel nichts.

Denn die Zahlen flößen alles andere als Vertrauen ein. Zwar verzeichnet Spanien mit nur 55 Prozent des BIPs eine geringere Staatsverschuldung als die meisten Euroländer, doch die Privat- und Unternehmensverschuldung ist so hoch wie sonst nirgendwo. Nach einem Jahrzehnt des Baubooms mit steigenden Wohnungspreisen stehen Spaniens Verbraucher mit 90 Prozent in der Kreide. Rechnet man 145 Prozent der Unternehmensschulden und 110 Prozent der Banken sowie Schulden der Regionen und Gemeinden hinzu, steht das Land mit 350 Prozent des BIPs in den roten Zahlen.

Die fehlende Rückzahlungsmoral gefährdet Sparkassen und Banken. Mehr als fünf Prozent der Kredite werden nicht bedient, eine Zeitbombe, denn Spanien hat bei den europäischen Banken mehr als 600 Mrd. Schulden. Zwar sei Spanien - so die EU-Kommission - mit dem Sparprogramm auf dem richtigen Weg, doch falle es zu niedrig aus. Die EU empfiehlt Einsparungen in Höhe von 1,75 Prozent des BIPs, um 2013 von derzeit 11,2 auf drei Prozent Defizit im Staatshaushalt zu kommen. Das sind 0,25 Prozent mehr als bisher zugesagt.

Zapatero geht einen Schritt weiter. Am Mittwoch beschloss das Kabinett eine Reform des Arbeitsmarktes. Derzeit ist jeder Fünfte arbeitslos. Mit Zuschüssen zum Sozialversicherungsbeitrag sollen Unternehmen Arbeitsverträge für von Arbeitslosigkeit besonders betroffene Gruppen schmackhaft gemacht werden. Außerdem gibt es Anreize für Festverträge. Spanien liegt mit 25 Prozent Zeitverträgen mit an der Spitze der EU.

Ab 2012 sollen Unternehmer bei Entlassungen statt 33 nur 20 Tageslöhne Abfindung pro gearbeitetes Jahr zahlen müssen. Dazu will die Regierung einen Fonds einrichten, in den sie einzahlen. Aus diesem soll ein Teil der Abfindung finanziert werden. Bis 2012 wird eine staatliche Institution Teile der Abfindung zahlen. Für Gewerkschafter ist dies eine "Subventionierung der Vernichtung von Arbeitsplätzen" . Zapatero läuft Gefahr, über die Reform zu stolpern. Seine Sozialistische Partei hat keine Parlamentsmehrheit. Die Gewerkschaften rufen für 29. September zum Generalstreik.

Tschechien erhöht Steuern

Gespart in Milliardenhöhe wird auch in Tschechien. Finanzminister Eduard Janota plant Medienberichten zufolge, Ausgaben zu kürzen und Steuern zu erhöhen. Dadurch sollten 2,65 Milliarden Euro eingespart werden. Ziel sei eine Anhebung des unteren Mehrwertsteuersatzes auf zwölf Prozent. Zudem solle eine Art Reichensteuer eingeführt werden. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.6.2010)